Bei einem Herzinfarkt rennt die Zeit: Je früher der Notfall im Herzen erkannt wird und je eher die Behandlung beginnt, desto geringer sind bleibende Schäden am Herzmuskel. Die Alarmsignale zu kennen, ist daher ganz entscheidend – die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was genau passiert bei einem Herzinfarkt?
Betroffene leiden an einer „koronaren Herzerkrankung“. Bei ihnen haben sich Ablagerungen in den Wänden der Herzkranzgefäße gebildet. Diese werden nicht nur immer dicker und verengen so die Gefäße nach innen, erklärt Prof. Heribert Schunkert, Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München. Die Innenhaut der Gefäße kann auch plötzlich einreißen. Zwar kommt es dabei zu keiner Blutung. Der Körper reagiert aber trotzdem, als gäbe es eine – und setzt alles daran, den Riss zu stopfen. In Sekunden bildet sich ein Gerinnsel: Es kommt zum Herzinfarkt.
Warum ist das gefährlich?
Zum einen kann es gerade in der Frühphase des Infarkts zu Störungen des Herzrhythmus kommen. Diese können lebensgefährlich sein. Aber auch sonst rennt die Zeit: „Eine Ader, die den Herzmuskel mit Blut und Sauerstoff versorgt, ist verstopft“, sagt Schunkert. Herzzellen bekommen dann zu wenig Sauerstoff – und drohen nach einiger Zeit abzusterben. „Das ist ein Prozess, der in den ersten fünf bis zehn Minuten losgeht und nach sechs bis zehn Stunden weitestgehend abgeschlossen ist“, sagt Schunkert. „Nach zehn Stunden kann man also nur noch wenig Herzmuskel retten.“
Was sind typische Anzeichen eines Herzinfarkts?
So plötzlich wie sich das Gerinnsel im Herzen bildet, sind auch die Beschwerden da. „Meistens sind das heftige Schmerzen hinter dem Brustbein“, sagt Schunkert. „Es kann aber auch ein Brennen sein, das zum Beispiel in den Kiefer, den Rücken, die linke Schulter oder den Oberbauch ausstrahlt.“ Die Intensität der Schmerzen reicht von leicht bis extrem. Viele Patienten klagten auch über ein Engegefühl im Brustkorb, sagt Prof. Thomas Voigtländer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses in Frankfurt am Main und Vize-Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Manche Patienten beschreiben das, als säße ein Elefant auf ihrem Brustkorb – oder wie in einer Schraubzwinge.“
Gibt es auch Warnsignale, die weniger typisch sind?
Ja. Diese treten etwa bei Diabetikern auf, sagt Schunkert. Bei ihnen könne ein Infarkt auch „stumm“ ablaufen. Sie bemerken den Notfall im Herzen also nicht. Die Zuckerkrankheit beeinträchtige oft das Schmerzempfinden. „Das wirkt sich auch beim Herzinfarkt auf“, erklärt Schunkert. Diabetiker sollten daher auch leichtere, unspezifischere Schmerzen ernst nehmen. Auch bei älteren sind Schmerzen oft weniger heftig als bei jungen Infarktpatienten. Frauen haben ebenfalls öfter untypische Anzeichen: Übelkeit, eine ausgeprägte Schwäche oder auch Schmerzen in untypischen Bereichen.
Wie sollte man bei Alarmsignalen reagieren?
Vor allem schnell. In der Klinik versuchen Ärzte, das verstopfte Gefäß per Herzkatheter wieder durchlässig zu machen. Das gelinge in etwa 95 Prozent der Fälle, sagt Vogtländer. Doch je länger Patienten warten, desto größer wird der Schaden am Herzen. Für Patienten heißt das: Im Zweifel lieber einmal zu oft den Notruf wählen. Halten die Beschwerden nur wenige Minuten an, kann man sich auch an die nächste Klinik mit „Chest Pain Unit“, also einer Brustschmerzambulanz wenden (zu finden unter https://cpu.dgk.org). Dort ist man darauf spezialisiert, in kürzester Zeit einen Infarkt von harmlosen Beschwerden zu unterscheiden.
Kann man einem Herzinfarkt vorbeugen?
Ja. Übergewicht, Diabetes, zu hohe Blutfettwerte (LDL-Cholesterin, Triglyzeride), Bluthochdruck und auch das Rauchen sind Risikofaktoren. Eine genetische Veranlagung kann man zwar nicht beeinflussen. Dann gilt es aber umso mehr, Risikofaktoren in den Griff zu bekommen – je nach Gesamtrisiko auch mit Arzneien. Herz-Experten kennen aber zwei echte Wundermittel, die sich auf viele Risikofaktoren günstig auswirken: eine maßvolle, gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Obst, dazu Nüsse und Olivenöl, aber wenig Fleisch. Und: Bewegung. Zwei bis drei Mal pro Woche 20 bis 30 Minuten. „Damit hat man schon viel für seinen Körper getan“, sagt Schunkert. Die Sportart? Egal. Wichtig sei nur, dass man ein wenig aus der Puste und ins Schwitzen komme. Und: „Es muss Spaß machen. Nur so bleibt man dabei.“
Interviews: Andrea Eppner