Ein brennender Schmerz hinter dem Brustbein: Das ist das Erste, was Carola Weber*, 62, vor sechs Wochen spürt. „Das hat sich angefühlt, als hätte ich eine sehr heiße Kartoffel gegessen“, sagt die Frau aus München. Das Brennen zieht sich über die Brust bis in den linken Arm. Nach fünf Minuten verschwindet es von selbst. „Dann wird wohl alles in Ordnung sein“, denkt sie – und geht zum Alltag über.
Viele Wochen geht alles gut. Dann, am Samstag vor einer Woche, spürt sie ihn wieder: diesen brennenden Schmerz, dieses diffuse Ziehen. Wieder wartet sie darauf, dass es verschwindet. Diesmal vergehen eineinhalb Stunden. Warum sie nicht den Notruf gewählt hat? „So schlimm war es auch wieder nicht“, sagt sie. Und: „So sind wir Frauen eben.“
Immerhin, gleich am Montag geht sie zum Hausarzt. Der ist weniger gelassen. Das Elektrokardiogramm (EKG) sieht anders aus, als jenes, das Weber vor einiger Zeit zur Kontrolle durchführen ließ. Der Arzt organisiert für den Nachmittag einen Termin bei einem Kardiologen. Dort: noch ein EKG, Herz-Ultraschall, Blutabnahme. „Mit Ihrem Herzen ist etwas komplett nicht in Ordnung“, warnt der Arzt. „So lass ich sie auf keinen Fall nach Hause!“ Danach ruft er Notarzt und Rettungswagen.
Mit Blaulicht „und Tatütata“ wird Weber ins Deutsche Herzzentrum in München gebracht. Dort folgen weitere Untersuchungen: noch ein EKG, noch eine Blutabnahme. Danach ist klar: Sie hat einen Herzinfarkt.
In Panik gerät Weber nicht. Ihr Vertrauen in ihre Ärzte ist groß. „Ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt.“ Für Weber ist es nicht das erste Mal, dass ihr Leben in den Händen von Medizinern liegt. Seit zehn Jahren leidet sie an einer Lungenfibrose. Bei dieser Erkrankung vernarbt die Lunge immer mehr. Heilbar ist das nicht. „Man muss es akzeptieren“, sagt sie.
Jetzt geht es aber erst einmal um ihr Herz: Bei einem Infarkt verstopft ein Blutgerinnsel ein wichtiges Gefäß, das den Herzmuskel sonst mit Blut versorgt. Klappt das nicht mehr, fehlt den Herzzellen Sauerstoff. Das halten sie nicht lange durch. Sie sterben nach einiger Zeit ab. Darum muss es schnell gehen. Die mangelnde Durchblutung führt zu den Beschwerden. Doch die sind längst nicht immer so heftig, dass jedem gleich klar ist: Das ist ein Fall für den Notarzt.
So war das auch bei Carola Weber. Erst in der Klinik wird der Infarkt sicher erkannt. Wenig später liegt sie darum auch schon im Herzkatheter-Labor. Dort sollen zwei Engstellen in den Herzkranzgefäßen mit einer Art Miniballon aufgedehnt und mit je einem „Stent“ versorgt werden. Das ist eine Stütze, die das Gefäß von innen offen hält. Über einen kleinen Schnitt an der Leiste führen die Ärzte einen Katheter in ein Blutgefäß ein und schieben ihn bis zur verstopften Stelle im Herzen vor.
Weber bekommt alles mit. Für so einen Eingriff ist nämlich nur eine örtliche Betäubung nötig. Sie hat keine Schmerzen. „Man spürt aber, wie das Kontrastmittel einfließt; und dass da etwas gemacht wird“, sagt sie. „Nicht angenehm, aber auch nicht schlimm.“ Anfangs schaut sie auf einem Monitor zu, was die Ärzte gerade tun. Darauf sieht sie ihr Herz. Live. Die Bilder brauchen die Mediziner, um sich im Inneren des Körpers orientieren zu können – und um die Engstelle zu finden. Alles geht gut.
Nach dem Eingriff kommt Weber erst auf Intensiv. Doch nur zwei Tage später soll sie auf die Normalstation verlegt werden. Sie fühlt sich gut, darf schon aufstehen. „Ich schaue nach vorne, nicht zurück“, sagt sie. Dann hat sie noch einen Rat an alle Leser: Wer Herzbeschwerden hat, sollte diese ernst nehmen – und das Herz auch sonst ab und zu kontrollieren lassen. *Name geändert.