Zehn Millionen Deutsche gelten als Schmerzpatienten, 70 bis 80 Prozent davon sind Rückenpatienten. 200 000 dieser Schmerzgeplagten werden jedes Jahr an der Bandscheibe (siehe Grafik) operiert. „Zum Großteil vollkommen unnötig, denn eine konservative Therapie und minimal-invasive Behandlungsmethoden sind bei einem Bandscheibenvorfall oft Erfolg versprechender als eine Operation. Voraussetzung ist eine erstklassige Diagnostik“, sagt der Münchner Orthopäde und Wirbelsäulenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan. Sein Schwerpunkt ist die Schmerztherapie: „Es trifft mich jedes Mal, wenn ich langjährige Leidensgeschichten von Menschen höre, die am Ende Arbeit, Hobbys und sogar ihren Hund aufgaben, weil sie kaum noch laufen konnten. Der Schmerz kapert das Leben dieser Menschen. Das ist doch eine Katastrophe.“ Er empfiehlt sechs Therapien – die Kosten werden von gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Mikrolaser
Die Mikrolaserbehandlung kommt zum Einsatz, wenn konventionelle Therapien nicht mehr helfen. Der Laser lässt das Bandscheibengewebe schrumpfen, der bedrängte Nerv ist entlastet. Dr. Schneiderhan sagt, der Laser könne auch in sehr engen, schwer zugänglichen Bereichen der Bandscheiben schonend eingesetzt werden – die hauchdünne Laserfaser werde mit einer ebenfalls dünnen Nadel bis zur Bandscheibe geführt. Ohne Gefäße oder Nerven zu verletzen. Der Laser habe sich auch bei Bandscheibenverschleiß sowie Schmerzen nach einer Bandscheiben-OP bewährt.
Hydrogelsticks
Dieser kleine Eingriff unter radiologischer Kontrolle und einer lokalen Anästhesie dauert nur etwa 30 Minuten. Durch eine dünne Hohlnadel werden die nur wenige Millimeter langen Hydrogelstifte genau in die Bandscheibe positioniert. Der Effekt: Durch das wasserbindende Hydrogel wird wieder Wasser in die degenerierte Bandscheibe gezogen. Sie hat wieder mehr Volumen und kann ihre Polster-Funktion für Wirbelkörper und -gelenke wieder besser erfüllen.
Epiduroskopie
Vernarbungen aus früheren Operationen können zuweilen schmerzhaft auf die Nervenwurzeln drücken. Dr. Schneiderhan empfiehlt hier die Epiduroskopie: eine Spiegelung des Bereichs um das Rückenmark. Dies könne unter Umständen eine Versteifungs-OP ersparen. Der sogenannte E-Kath wird dabei durch eine dünne Nadel in eine kleine Öffnung im unteren Teil der Wirbelsäule in den Epiduralraum geschoben. Über eine winzige Linse an der Spitze überträgt das Hightech-Gerät hochauflösende Bilder aus dem Epiduralraum auf den Monitor. „So können wir feinste Strukturen noch besser beurteilen und gezielter behandeln“, sagt Dr. Schneiderhan. Mechanisch bzw. medikamentös kann der Spezialist dann Vernarbungen lösen. Damit schrumpfen störendes Weichteilgewebe oder auch Bandscheibenvorwölbungen. Die Nervenwurzel wird entlastet, der Schmerz verschwindet.
IntraSpine
Ein lebenslang an der Wirbelsäule verankerter Hightech-Puffer erspart Patienten mit Spinalkanalstenose oder einer erfolglosen Bandscheiben-OP die gefürchtete Versteifung betroffener Wirbelsegmente mit all ihren Einschränkungen, sagt Dr. Zainalabdin Anwar Hadi, Neurochirurg in der MVZ Praxisklinik von Dr. Schneiderhan & Kollegen. So funktioniert der minimal-invasive Eingriff: Der Spezial-Puffer aus Silikon und Kunststoff wird unter Mikroskop-Sicht zwischen dem oberen und unteren Bogen des betroffenen Segments eingesetzt; dadurch hat die gequetschte Nervenstruktur wieder genug Platz. Die Schmerzen vergehen.
Endoskopie
Minimal-invasive endoskopische OP-Verfahren benötigen nur einen wenige Millimeter kleinen Zugang durch die Haut zur Wirbelsäule. So können Rückenprobleme mit dem röhrenförmigen Instrument besonders schonend behandelt werden. Patienten, die aus beruflichen oder privaten Gründen schnell wieder mobil sein möchten oder müssen (wie Sportler oder Selbstständige) profitieren von dieser Technik, sagt Dr. Hadi. Sie schont die Rückenmuskulatur, Wirbelgelenke und Bänder. Zudem verheilt der winzige Hautschnitt fast immer ohne Narbenbildung.
Mikro-Chirurgie
Bei knöchernen Anlagerungen, größeren Bandscheibenvorfällen oder wenn sich bereits ernste Notfallsymptome wie Gefühls- oder Funktionsstörungen bemerkbar machen, kommt die Mikro-Chirurgie zum Einsatz. „Dabei kontrollieren wir das Operationsfeld an den Bandscheiben oder im Wirbelkanal durch ein Operationsmikroskop und operieren durch eine ein bis drei Zentimeter kleine Hautöffnung“, erklärt Dr. Schneiderhan. „So können auch im Nervenwurzelkanal versteckt liegende Bandscheibenvorfälle unter direkter Sicht entfernt werden.“ Für manche Eingriffe reicht sogar ein wenige Millimeter kleiner Einstich.