Oktober – Dachsmond nennen ihn die Jäger. Die Tage sind schon wieder spürbar kürzer; die Nächte empfindlich kühl. Zweieinhalb Wochen, dann steht uns die Zeitumstellung ins Haus, und mit ihr eine noch frühere Abenddämmerung. In Österreich und in Teilen Bayerns kennt man vielerorts noch den Spruch: „Der Michel zündt’s Licht an.“ Er erinnert daran, dass früher in den Werkstätten der Handwerker ab der ersten Woche nach dem Michaelistag (29. September) abends wieder bei teurem Lampenlicht gearbeitet werden musste.
Der Lichtmangel schlägt vielen Menschen aufs Gemüt. Jeder vierte Deutsche klagt in den dunklen Monaten über gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und Heißhunger auf Süßes. SAD – seasonal affective disorder – nennen Psychologen dieses jahreszeitbedingte Seelentief. Forscher lasten es vor allem der Zirbeldrüse in unserem Hirn an: Aufgrund der geringeren Tageslichtmenge produziert sie mehr Melatonin, das schlaffördernd wirkt und müde macht.
Aus meiner Februar-Kolumne wissen Sie schon: Eine wichtige Gegenmaßnahme besteht jetzt darin, dass Sie sich – Regen hin oder her! – bei jeder Gelegenheit im Freien aufhalten. Ihre Zirbeldrüse reagiert nämlich erst, wenn die Lichtstärke unter 2500 Lux sinkt. Selbst an einem bedeckten Tag herrschen draußen aber immer noch 30 000 bis 50 000 Lux. Ein täglicher kleiner Spaziergang ist also jetzt noch besser für Ihre Glücksbilanz als im Sommer!
Genauso wichtig ist aber eine Einstellungsänderung. Uns Erwachsenen fällt, denken wir an Herbst und Winter, zunächst meist nur all das ein, was nun kaum noch möglich ist: ins Freibad gehen, abends lange draußen sitzen, Cabrio fahren. Mit Grausen denken wir zugleich an solche Dinge wie Heizkostenabrechnungen, Eiskratzen am Morgen und Laubberge im Garten. Kein Wunder, dass dieser defizitorientierte Blick einem die Laune vermiest! Was das angeht, kann es wahre Wunder wirken, sich mal wieder mit seinem eigenen „inneren Kind“ zu beschäftigen. Erinnern Sie sich noch? Damals, als Sie noch nicht wussten, was eine Heizkostenabrechnung ist, und als Laubberge vor allem zum Toben und Spielen da waren.
Was haben Sie als Kind und Jugendliche(r) im Herbst und Winter da besonders gerne gemacht? Welches sind Ihre schönsten Erinnerungen an die Herbsttage von damals? Beleben Sie sie neu – in etwas altersangepasster Form natürlich –, und die kommende Jahreszeit wird plötzlich viel fröhlicher und attraktiver auf Sie wirken! Anregungen gefällig?
Wie wäre es mit einem Ausflug in einen der Wildparks, die man in ganz Deutschland flächendeckend finden kann? Dort ist für Rot-, Reh- und Damwild jetzt die Brunftzeit angesagt. Ein beeindruckendes Erlebnis für Besucher! Schon ein ganz einfacher Waldspaziergang beschert Ihnen bunte Blätter, Hagebuttenzweige oder andere Dekomaterialien für Ihre Wohnung. Und mit etwas Glück sogar ein paar Pilze oder Kastanien fürs Abendessen.
Überhaupt die Herbstküche: Ob Kürbissuppe, Meeresfrüchte oder ein feiner Braten – jetzt kann man die Lust am Kochen wieder pflegen, die einem bei 30 Grad im Schatten oft fehlte. Nicht zu vergessen den passenden Wein, den man auch in kleiner Runde (ganz coronakonform!) bei einer Weinprobe entdecken kann. Selbst einen richtigen Schmuddeltag kann man für sein inneres Kind zum Genuss gestalten. Alles eine Frage der Perspektive! Stundenlanges Lesen, Basteln oder Spielen – erlaubt ist, was Freude macht. Dem Spiel als Glücksbringer widmen wir uns übrigens in meiner nächsten Kolumne. Bis dahin viel Spaß!
Die renommierte Diplom-Psychologin und Buchautorin schreibt, warum es so wichtig ist, die Sonnenseiten des Schmuddelwetters zu entdecken: „Es ist alles nur eine Frage der Perspektive!“