Jeder Tierbesitzer hofft, dass sein Liebling nie krank wird. Die Realität sieht meist anders aus. Tiere verletzten sich, verderben sich den Magen oder schlimmer: Sie entwickeln chronische Krankheiten, die man manchmal lebenslang mit Medikamenten behandeln muss. Das Problem: Hund und Katz wissen längst, dass etwas nicht stimmt. Sie spüren die Nervosität ihrer Besitzer, wenn es zum Tierarzt geht – und übertragen die Angst aufs Tier.
Schon die Autofahrt, die Hunde ja eher gelassen meistern, kann bei Katzen zum Drama ausarten. Auch die ansonsten entspannte Mieze zerfetzt dann gerne mal die Transportbox, haut sich dabei die Nase blutig und reißt sich die Krallen aus. Aus stillen Tieren entweichen plötzlich Geräusche lauter als ein Düsenjet. Da hilft nur: ignorieren und die Transportkiste abdunkeln. Erreicht man den Tierarzt einigermaßen unversehrt, werden viele Aggressoren plötzlich ganz kleinlaut. Darum funktioniert die Medikamenteneingabe auch beim Tierarzt weit besser. Das Tier hat Respekt, diese Leute sind für sie neutral und haben Spezialgriffe jahrelang erprobt.
Doch auch Tierärzte scheitern an Furien, die durch dicke Handschuhe beißen, Feuer und Galle spucken und wirklich nur mit einem Zwangskäfig eine Spritze bekommen können. Andere machen auf vorbildlich, was aber nicht heißt, dass sie zuhause kooperativ wären.
„Der Knackpunkt ist immer, ob ich ein Medikament nur kurzfristig brauche, da mag eine schnelle Zwangsmaßnahme in Ausnahmefällen okay sein. Aber wenn es um eine langfristige Eingabe geht, geraten Mensch und Tier unter ungesunden Stress!“, sagt Tierärztin Dagmar Moder aus Steingaden. Und dann sitzt man da mit der bitteren Pille, die laut Hersteller sogar ganz gut schmecken soll. Geschmäcker sind verschieden, doch das geliebte Heimtier würgt und tut so, als würde es sterben. Dann der Versuch, die Pille ins Weichfutter in einem Bröckchen zu verstecken. Und der pfiffige Hund frisst brav, doch am Ende liegt die Tablette im Napf – und er schaut treuherzig.
Moder: „Besser ist es in jedem Fall, die Pille zu umwickeln. Es gibt Trojaner, Tablettenschmuggler, Easypills, also Leckerlis mit Leerraum, man kann auch Katzenstängel aushöhlen und da die Pille platzieren. Wichtig ist, dass das dann das einzige Leckerli bleibt, damit das Tier darauf wartet und es wirklich frisst.“ Der Handel bietet Pilleneingeber an, auch da kommt es auf einen Versuch an. „Was auch unterschätzt wird“, sagt Moder, „ist die Methode, die Tablette einfach einzuwerfen und dem Hund die Schnauze zuzuhalten. Das kann böse Folgen haben. Die Tablette bleibt irgendwo kleben und schädigt das Gewebe. Wenn direkt eingeben, dann die Tablette immer mit etwas Gleitfähigem umhüllen, Butter, Leberwurst, Malzpaste und darauf achten, dass das Tier richtig abschluckt. Dann kann man etwas Weichfutter nachgeben.“ Leichter sind Flüssigkeiten zu verabreichen, die Spritze kann man seitlich im Lippenwinkel ansetzen und dann kleine Portionen eingeben, nicht gleich schießen wie mit der Wasserpistole! Das funktioniert bei Katzen ganz gut, wenn man das Tier vor sich hat, den Kopf von sich weg und sie im Knien quasi einklemmt oder aber in Höhe einer Arbeitsplatte setzt, mit einer Hand die Pfoten fixiert und mit der anderen die Flüssigkeit eingibt.
„Wichtig ist natürlich, dass alles gut vorbereitet ist, damit man die Geduld des Tieres nicht überstrapaziert“, weiß die Expertin. Apropos Flüssigkeiten: Es klingt eventuell banal, aber man sollte im Zweifelsfall dabei immer eine Brille aufsetzen. Moder: „Da war dieser Mann, der seinem älteren Hund täglich Augentropfen geben musste. Und einmal hat er ihm dann Durchfalltropfen ins Auge geträufelt. Der Hund schüttelte sich wild, rieb mit der Pfote übers Auge, sonst ist gottlob nichts passiert.“ Dennoch: Solche Eskapaden können ins Auge gehen. Aus selbigem Grund verzichtet man auch darauf, Medikamente in Eigenregie irgendwo einzurühren. Moder: „Eine Katze kam mit einer bösen Bisswunde, die eiterte. Ich verabreichte eine Antibiose, die zwei Tage hielt, dann sollten die Besitzer selber ein Antibiotikum geben. Am vierten Tag kamen sie sehr frustriert an, es gäbe keine Besserung. Ich spritzte nochmals, am Tage sechs dasselbe Spiel. Die Wunde eiterte erneut. Auf meine Nachfrage dann Folgendes: Sie hatten die Paste in der Milch aufgelöst – das funktioniert nicht!“
Moders Fazit ist, dass man öfter mal die Strategie ändern sollte, dabei aber stets Zeit und Ruhe einplant. „Und leider gibt es Tiere, denen man nichts eingeben kann. Da helfen nur Langzeitspritzen oder Medikamente, die das Tier selber frisst!“