Ist ständig zu viel Zucker im Blut, schadet das den Blutgefäßen im ganzen Körper – und damit auch Organen wie Herz, Hirn und Nieren. Umso wichtiger ist es, sein Risiko für Typ-2-Diabetes zu kennen. Zumal sich das in der Corona-Pandemie bei manchem erhöht haben könnte. „Viele Leute bewegen sich im Schnitt weniger, viele essen mehr und nehmen an Gewicht zu“, sagt Privatdozent Dr. Andreas Lechner, Diabetologe am Klinikum der LMU München. Und: „Wenn man da nicht aufpasst, hat das sicher einen negativen Einfluss auf das Diabetesrisiko.“ Auch die psychische Belastung, also Stress und Schlafmangel, fördert die Diabetesneigung.
Wie lässt sich das eigene Risiko bestimmen?
Viele Faktoren haben einen Einfluss darauf. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse haben die Experten des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) nebenstehenden Test entwickelt, der Ihnen hilft, Ihr persönliches Risiko einzuschätzen. In der aktuellen Situation ist das besonders wichtig, findet auch Diabetologe Lechner. Denn: Wer feststellt, dass sein Risiko erhöht ist, schafft es eher, gezielt gegenzusteuern.
Wie kann man Typ-2- Diabetes vorbeugen?
Vorweg, es gibt noch eine andere, seltenere Form der Zuckerkrankheit: Typ-1-Diabetes tritt meist bereits im Kindesalter auf und ist Folge eines fehlgeleiteten Immunsystems. Anders bei Typ-2-Diabetes: Diese viel häufigere Form der Zuckerkrankheit wird oft durch einen ungesunden Lebensstil begünstigt. Das blutzuckersenkende Hormon Insulin verliert bei Betroffenen immer mehr an Wirkung. Genetische Faktoren erhöhen dieses Risiko zusätzlich. Entscheidender sei aber der Anteil des Lebensstils, sagt der Experte.
Was ist dabei besonders problematisch?
Zu wenig Bewegung und zu kalorienreiche sowie ballaststoffarme Ernährung. Beides für sich und noch mehr in Kombination fördere Übergewicht – und das wiederum die Entstehung von Typ-2-Diabetes, wie Lechner erklärt. Es steigt noch weiter bei Menschen mit „Adipositas“, also extremem Übergewicht.
Worauf sollte man beim Essen achten?
Lechner rät zu einem „hohen Anteil an pflanzlicher Kost mit viel Gemüse und Obst“. Darin stecken auch schützende Ballaststoffe. In Vollkornprodukten sind davon ebenfalls reichlich enthalten. Generell sollte man bei Lebensmitteln mit hoher Energiedichte sparsamer sein. Gemeint sind Speisen, in denen besonders viele Kalorien pro Gramm Lebensmittel stecken. Dazu gehört natürlich auch Fett. Allerdings sollte man hier vor allem bei den tierischen Fetten sparen. Bei pflanzlichen wie Oliven-, Raps- oder auch Leinöl darf man etwas großzügiger sein. Sie liefern viele ungesättigte und damit schützende Fettsäuren, verrät Lechner. Sparen sollte man auch beim Fleisch, „vor allem bei verarbeitetem, also etwa Leberkäse und Würstel“.
Und was ist mit Zucker?
Trotz des Namens ist die Zuckerkrankheit keine direkte Folge von zu viel Zucker. Wer also weder einen Diabetes noch eine Vorstufe davon („Prädiabetes“) hat, darf sich im Advent auch ohne schlechtes Gewissen ein paar Plätzchen gönnen. Alles mit Maß natürlich. Wer es übertreibt – das geht bei zuckerreichen Speisen schnell – hat allerdings bald ein paar Kilos zu viel auf den Hüften. Und das erhöht wieder das Diabetesrisiko. Lechner schlägt allgemein vor, sich die Lust auf stark gesüßte Speisen schrittweise abzutrainieren. Also: Tee ohne Zucker, Wasser statt süßer Limo oder Natur- statt Fruchtjoghurt schmecken anfangs zwar ungewohnt. Wer dabei bleibt, gewöhnt sich aber daran – dann fehlt die Süße irgendwann nicht mehr. Auf Süßstoffe auszuweichen, sei indes „nur die zweite Wahl, ein Notnagel“, findet Lechner.
Warum ist Bewegung so wichtig?
Wer aktiv ist, verbraucht mehr Energie – das lässt den Blutzuckerspiegel sinken. Bewegung wirkt sich positiv auf den ganzen Stoffwechsel aus. Lechner rät dazu, sich schon im Alltag mehr zu bewegen. Also: Treppe statt Aufzug, mit dem Rad zur Arbeit statt mit dem Auto und bei einem langen Tag im Büro oder „Homeoffice“ zwischendurch öfter aufstehen und eine Runde gehen. Natürlich sollte auch „richtiger“ Sport dazukommen, idealerweise mehr als 150 Minuten pro Woche, am besten verteilt auf fünf Tage, wenn gesundheitlich nichts dagegen spricht. Lechner rät bei der Wahl der Sportart zu viel Abwechslung. Am besten sei eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining. Und, ganz wichtig: „Hauptsache, es macht Spaß“, sagt Lechner. Sonst bleibt man nicht dabei.
Kann ein gesünderes Leben Diabetes „heilen“?
Bei einer Vorstufe von Diabetes stehen die Chancen gut, dass sich der Stoffwechsel durch einen gesünderen Lebensstil wieder normalisiert. Selbst bei einer Diabeteserkrankung könne das, vor allem in den ersten Jahren nach der Diagnose, durchaus gelingen. Hilfreich ist es auch danach. Und: Gerade jetzt gibt es noch einen guten Grund, gesünder zu leben, wie Lechner mit der Online-Studie „Life & Covid“ herausgefunden hat. Daten von rund 250 Teilnehmern mit nachgewiesener Corona-Infektion zeigten: „Die gravierendsten Lebensstilfaktoren für einen schweren Verlauf sind Übergewicht und Adipositas.“