von Redaktion

VON DOMINIQUE SALCHER

Anfang der 1980er-Jahre war Westberlin ein Ausnahmezustand: eine kleine, glitzernde Insel inmitten der grauen Tristesse der DDR. Für viele junge Leute aus Westdeutschland war Berlin Sehnsuchtsort, in dem ein anderes, aufregenderes Leben als daheim möglich schien.

Wie viele andere auch kommen Luise und Thomas zum Studium in die Stadt. Aber schon bald wird das Kunst- bzw. Philosophie-Studium zur Nebensache. Man will künstlerisch neue Wege gehen, politisch aktiv sein und einen alternativen Lebensentwurf verwirklichen. Die beiden besetzen zusammen mit einem bunten Haufen anderer junger Menschen ein Haus in Kreuzberg und werden damit Teil einer Szene, die politisch wie privat keine Kompromisse macht.

„Aufprall“ ist ein Gemeinschaftswerk dreier Berliner Autoren, die in ihren Roman viel Autobiografisches einfließen ließen. Zugleich ist das Buch ein Porträt der Zeit, die geprägt war von Auseinandersetzungen mit den Behörden, von Straßenschlachten, Punk, AIDS, Drogen und wilden politischen und philosophischen Ideen.

Luise und Thomas stellen schnell fest, dass eine Hausbesetzung wenig mit Romantik zu tun hat: Die Besetzer leben in ständiger Angst vor der Räumung und fürchten Überfälle von Rechtsradikalen. Auch ist es in den heruntergekommenen Häusern so kalt, dass die Matratzen am Boden festfrieren. Von Einigkeit kann in der Szene keine Rede sein: Während die einen mit der Stadt Mietverträge aushandeln, radikalisieren sich die anderen immer weiter und blicken mit Verachtung auf die Mitglieder der neu gegründeten Partei „Die Grünen“, denen ihr Fahrrad wichtiger ist als der politische Kampf.

„Aufprall“ ist ein Dokument der wilden Jahre Westberlins, die 1989 mit dem Mauerfall endeten, und eine Erinnerung an eine politisch bewegte Zeit.

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