Sich um Europa sorgen? Weil die Wirtschaft abschmiert, die Techniken von morgen in China entstehen, eine saturierte Bevölkerung sich lieber mit Wein, Weib und der Vergangenheit beschäftigt? Klar, alles wahr! Aber wer sich deswegen ängstigt, dem fehlt bloß die nötige Fantasie. Wie wär’s damit: Europa wird zum Freizeitpark für die restliche Welt! Baudenkmäler aus allen Epochen gibt’s genug, also einfach – wie Bhutan es vormacht – ordentlich Eintritt verlangen, dann braucht kein Hiesiger mehr mit Chinesen um Bits und Chips konkurrieren, sondern kassiert diese wegen ihrer Lust auf mehrtausendjährige pittoreske Geschichte(n) bei der Einreise ab!
Derart steile Thesen gibt’s einige in der herrlich provokanten, sehr unterhaltsamen Geschichte des holländischen Autors, die im Stil eines Schelmenromans daherkommt.
Mit kreativem Schwung stellt er Denkmuster auf den Kopf, verquirlt gängige Geschäftsmodelle solange, bis einem schlecht oder schwindlig wird. Airbnb und Rucksacktouristen läuten danach den Tod ganzer Städte und Länder ein. Urlauber auf den Spuren ihrer literarischen Helden à la Commissario Brunetti in Venedig – und deren Erschaffer, die Autoren – sind so für den Untergang der ursprünglichen Kultur verantwortlich. Eingebettet sind die geistreichen wie gruseligen Einfälle in die schillernde Liaison zwischen dem Ich-Erzähler und einer kratzbürstigen Historikerin, deren (n)e(u)rotisches Spiel darin besteht, einem verschwundenen Bild von Caravaggio nachzujagen. Das alles wird in Rückblicken erzählt, nach dem die Holde das Weite gesucht und der Zyniker Unterschlupf in einem ehrwürdigen Belle-Epoque-Hotel gefunden hat, in dem – natürlich – das alte Europa in seinen letzten Zügen liegt. Und dem – natürlich – ein chinesischer Investor den Todesstoß versetzt.
Ein Meisterwerk, das den Leser in seiner Fülle an schrägem Gedankengut fordert, erschreckt und noch mehr erheitert. Die Bandbreite der Themen ist riesig, die Sprache zotig, analytisch, sinnlich und voller Poesie. Eine Magie, die lange nachwirkt.