von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Rolf-Bernhard Essig erinnert sich: „Mein Gott, ist dein Tierreich groß, seufzte mein Vater oft. Und es dauerte lange, ehe ich begriff, was er damit wohl meinte: Dass ich einem Trampeltier glich, einem Esel, einem Gimpel, einem Horn- oder Pfingstochsen, jedenfalls keinem Pferd, dem ich wegen des größeren Kopfes das Denken hätte überlassen sollen. Man merkt es: Als Sprichwortexperte genoss ich keinen Welpenschutz, dafür aber viel Unterstützung, mich mit dem Animalischen in unserer Redensartenwelt vertraut zu machen.“ So eine Kindheit lässt einen natürlich nicht los. Und seitdem hat er unzählige weitere Sprüche kennengelernt, aber richtig lieben tut er folgende Ausdrücke:

Ganz oben steht „Butter bei die Fische! Schon deshalb, weil mein Vater Seemann war. Den launigen Spruch sagt man zu jemandem, der zum Punkt kommen oder sich endlich engagieren soll. Ursprünglich kam der Ausdruck von der Küste und hieß: Butter bei de Fische haben. Wer sich die vergleichsweise teure Butter zum Fischgericht leisten konnte, war wohlhabend. Weil die Butter dem Fisch offenbar zur Abrundung verhalf, konnte sich der Ausdruck weiterentwickeln; Ohne Butter fehlte etwas zum Ganzen. Fertig war die schöne Formel: Nu gib ma Butter bei die Fische!“

Sein zweiter Spruchliebling hat etwas mit Meister Lampe zu tun. „Ein alter Hase ist erfahren und weise. Dabei stelle ich mir gerne die Häschenschule vor mit dem klugen Oberlehrer mit Stock. Das Lob für erfahrene Männer und Frauen – die übrigens selten alte Häsin genannt werden – verdankt sich schlicht der Tatsache, dass Hasen von Geburt an vielen Gefahren ausgesetzt sind: Füchse, Krankheiten, Mähdrescher, Jäger – ein Ausnahme-Hase, dem es trotzdem gelingt, alt zu werden. Und so einer ist eben klug und erfahren. Fertig ist die Redensart.“

Wer Essig folgt, kann über so manche Eselsbrücke gehen, die man ja bekanntlich bauen kann. Esel sind sehr kluge Tiere, bedächtig und vorsichtig und weigerten sich oft, einen Bach zu überqueren. Was den Menschen zum Wahnsinn treiben kann. Hilft aber nix: Also muss, wer keinen Umweg machen will, eine Eselsbrücke bauen. Die sprichwörtliche Eselsbrücke ergibt auch im übertragenen Sinn Sicherheit: Die Reihenfolge der Gitarrensaiten E, A, D, G, H, E ist per Eselsbrücke leichter zu merken: Eine Alte Dame Ging Heringe Essen.

Und woher kommt das Sprichwort: Eulen nach Athen tragen? Die attischen Silbermünzen zierte das Bildnis einer Eule (glaukes). Drum hieß die Münze im Volksmund Glaukes. Nun war Athen eine extrem reiche Stadt, und es wäre Irrsinn gewesen, noch mehr Geld (= Eulen) dorthin zu tragen.

Und warum ist der Teufel bloß ein Eichhörnchen? Dieses putzige Tierchen? In Fabeln und Erzählungen tritt der Beelzebub oft in harmloser Gestalt auf, eben auch als Eichhörnchen. Und ist es nicht wirklich unheimlich, wie flink das Oachkatzl auch noch kopfüber über Stämme saust. In jedem Fall sagt das Sprichwort heute, dass so manche Sache erst auf den zweiten Blick problematisch wird. Weil eben genau das des Pudels Kern ist. Das ist ein Sprichwort und ein Zitat aus Goethes „Faust“. Mephistopheles erscheint Faust in der Gestalt eines Pudels. Als sein wahres Wesen zutage kommt, sagt Faust: „Das also war des Pudels Kern!“

Es stimmt schon: So viel Aberglaube geht doch auf keine Kuhhaut, oder? Der Redensart liegt die mittelalterliche Vorstellung zugrunde, die Teufel würden die Missetaten der Menschen aufschreiben, um nach deren Tod genug Beweismaterial zu haben. Sie schrieben auf Pergament und das wurde aus Tierhäuten gemacht. Im Gegensatz zur Haut von einem Hammel war auf einer Kuhhaut ganz schön viel Platz für die Sünden…

Auch die Jagd prägte lange das Leben der Menschen. Wenn einem etwas durch die Lappen ging, dann hatte das Tier Glück und schnelle Beine. Jäger benutzten früher bunte Lappen an Seilen als Absperrung, um flüchtende Wildtiere in eine bestimme Richtung zu hetzen. Floh eines durch sie hindurch, ging es durch die Lappen! Da liebt Essig doch den Floh im Ohr: „Manch eine Idee, die man mir im Sinn dieser Redensart nahelegte, erwies sich als herrlich belebend und leicht verrückt. Wie ein Floh im Ohr kitzelte, irritierte, unruhig machte, so wirken die schönsten Anregungen anderer. Gut, immer wieder sind auch Schnapsideen dabei! Diese Redensart verdanken wir jedenfalls der früheren Vertrautheit mit diesen Parasiten, die so lästig wie allgegenwärtig waren. Wie sagte Goethe: Flöhe und Wanzen gehören auch zum Ganzen.“

Buchtipp & Link

. Butter bei die Fische. Von Rolf-Bernhard Essig. Mare-Buchverlag, 192 Seiten, 14,95 Euro.

. www.schuressig.de

Artikel 6 von 8