Wie wichtig die Liebe in Kriegszeiten ist, hat schon Arno Geiger in „Unter der Drachenwand“ für den Zweiten Weltkrieg aufgezeigt. Ebenfalls aus Österreich kommt nun ein berührender Roman über Soldaten der k.u.k.-Monarchie, die 1918 aus sibirischer Kriegsgefangenschaft fliehen, um sich durch das von Revolutionswirren gebeutelte Russland nach Hause durchzuschlagen.
Seit 1914 kämpft Karl Findeisen in einem Kriegsgefangenenlager nahe der chinesischen Grenze gegen Hunger und Kälte. Was ihn vor totaler Verzweiflung bewahrt, ist allein der Gedanke an seine große Liebe Fanny im 10 000 Kilometer entfernten Wien, deren Briefe er wieder und wieder liest. Im Mai 1918 bricht er mit fünf Leidensgenossen aus dem Lager aus. Vor ihnen liegen die eisigen Weiten der Taiga. Mehrfach gerät ihre Flucht ins Stocken, doch ausgerechnet Karls künstlerisches Talent hilft ihnen stets weiter – ob er Kulissen für ein kommunistisches Theater gestaltet oder deutschen Mennoniten ein Sehnsuchtsbild der Heimat malt. Sein Vater hat für ihn den soliden Soldatenberuf beschlossen, weil der ihm genügend Freizeit für sein Hobby lasse. Jetzt rettet die vermeintlich brotlose Kunst ihn und seine Gefährten sogar vorm Tod.
Der Sinn fürs Schöne, sei es in der Malerei oder der Musik, verbindet eben alle Menschen über sämtliche sprachlichen und ideologischen Grenzen hinweg. Und das ist nicht bloßes Wunschdenken, beruht der Roman doch auf wahren Begebenheiten. In beseelten Bildern beschwört die Autorin Landschaften, Stimmungen und Gefühle herauf. Und die zitierten Liebesbriefe sind tief berührend.