Das Geruchsvermögen ist eingeschränkt oder ganz weg, die Nase dicht, manchmal kommt Fieber hinzu: Ist das Corona? In diesen Zeiten ist die Verunsicherung groß. Doch diese Symptome können auch auf eine „Sinusitis“ hindeuten, also eine Entzündung der Schleimhaut in den Nasennebenhöhlen. Hier erklärt der Münchner HNO-Facharzt und plastische Chirurg Dr. Karsten Sawatzki, was man dagegen tun kann.
Covid-19 oder Entzündung der Nasennebenhöhlen?
Die Symptome einer Corona-Infektion ähneln oft denen einer Grippe. Auch da treten neben Schnupfen und einer Nasenhöhlenentzündung häufig Einschränkungen des Geruchsvermögens auf. Doch nicht jeder Schnupfen bedeutet Covid-19. „Bei einer akuten Sinusitis treten häufig Schmerzen in der Stirn, im Kiefer oder um die Augen herum auf“, erklärt Experte Sawatzki den Unterschied. „Sie verstärken sich meist, wenn man sich nach vorn lehnt.“
Wodurch wird eine Sinusitis ausgelöst?
Einer akuten Sinusitis geht in der Regel eine Entzündung der Nasenhaupthöhle voraus, die sich dann auf die Nebenhöhlen überträgt „Ursachen können ein simpler Schnupfen, eine Allergie (Heuschnupfen), eine Erkältung, Grippe oder andere Infektionskrankheiten sein“, sagt Sawatzki. Die Nase habe die Aufgabe, die Luft zu reinigen, zu erwärmen, zu riechen und zu befeuchten. Sie bilde somit eine erste Abwehrbarriere. „Normalerweise transportieren winzige Flimmerhärchen ständig Sekret mit eingeatmeten Staubkörnchen, Schmutzteilchen oder Krankheitserregern aus den Nebenhöhlen Richtung Nase und Rachen ab“, erklärt der Experte. „Entzünden sich die Schleimhäute und schwellen an, gerät dieser Abfluss jedoch ins Stocken.“ Krankheitserreger könnten sich dann in den Nebenhöhlen vermehren, die Entzündung weitet sich aus.
Weshalb ist das manchmal so schmerzhaft?
Die Nebenhöhlen haben nur sehr enge Öffnungen. Durch die Entzündung schwillt die Schleimhaut an. So können zwar Keime in die Nebenhöhlen eindringen, aber nicht mehr heraus. Zusätzlich sondert die Schleimhaut ein wässriges Sekret ab und verstärkt das Druckgefühl. „Im ungünstigen Fall vermehren sich die Bakterien in den Nebenhöhlen stark und führen zur Eiterbildung“, erklärt Sawatzki. Der Eiter sammle sich an und verstärke den Druck. Bei einer eitrigen akuten Sinusitis müsse daher dringend entlastet werden. „Bevor der Eiter in die Nachbarschaft durchbricht und zu ernsthaften Komplikationen führen kann“, warnt er.
Wann wird eine Sinusitis zum chronischen Problem?
Bei einer chronischen Sinusitis haben Patienten weniger oder keine Schmerzen. Die Nasenatmung ist oft nur auf einer Seite behindert. Eine chronische Entzündung könne entstehen, wenn Betroffene auslösenden Reizen wie Zugluft, Allergenen, Mehlstaub oder Schimmel permanent ausgesetzt sind. Nach einer akuten Entzündung versucht der Körper das zu kompensieren, indem die Schleimhaut zu wuchern beginnt. Ergreift man keine Gegenmaßnahmen, breitet sich diese immer weiter aus – bis kein Platz mehr in den Nebenhöhlen ist und „Polypen“ in der Nase sichtbar werden.
Warum trifft es manche Menschen besonders oft?
Meist liegt das an anatomischen Voraussetzungen: Ist die Nasenscheidewand verbogen und/oder sind die Nasenmuscheln vergrößert, werden die Nasennebenhöhlen auf der betroffenen Seite nicht mehr so gut belüftet. Dann funktioniert auch die Selbstreinigung nicht mehr richtig – die Nebenhöhlen werden anfälliger. Anders als bei einer akuten Sinusitis, zu der oft Fieber, eine verstopfte Nase und ein starkes Krankheitsgefühl gehören, seien die Anzeichen einer chronischen Entzündung viel unauffälliger. Betroffene fühlen sich oft weniger leistungsfähig. Sie spüren permanenten Druck in den betroffenen Nebenhöhlen, können nicht mehr so gut riechen, bekommen nur schwer Luft und schnarchen oft. „Augenringe werden dunkler und gehen gerne in Tränensäcke über, weil es zum Abflussstau kommt, da der Tränennasengang in die Nase mündet.“
Wie lässt sich eine akute Sinusitis behandeln?
„In der Regel dauert eine akute Sinusitis zehn bis 14 Tage“, sagt der Experte. Leichte Formen lassen sich mit abschwellenden Nasensprays und Schleimlösern behandeln, „aber auch Inhalationen oder Spülungen mit Salzwasser können helfen“. Denn: Es ist wichtig, die Belüftung von Nase und Nebenhöhlen so schnell wie möglich wiederherzustellen. Gegen Schmerzen helfen Arzneien, die entzündungshemmend und abschwellend zugleich wirken. Nicht immer reicht das. „Die eitrige Form muss zusätzlich mit Antibiotika behandelt werden.“
Was ist bei abschwellenden Nasensprays wichtig?
Abschwellende Nasensprays enthalten Wirkstoffe wie Xylometazolin, Oxymetazolin oder Phenylephrin. Diese Mittel sollte man höchstens sieben bis zehn Tage anwenden. Andernfalls kann man von den Sprays abhängig werden. Bei Betroffenen schwillt die Schleimhaut dann sofort an, sobald die Wirkung des Sprays nachlässt. Sie greifen dann erneut zum Spray – ein Teufelskreis. Wer bereits hineingeraten ist, dem kann folgende Strategie helfen: Reduzieren Sie die Dosis über ein bis zwei Wochen. Steigen Sie dazu erst auf ein niedrig dosiertes Kinder-Nasenspray um und dann schrittweise auf Meerwassersprays. Alternativ kann man zunächst auch nur ein Nasenloch von dem Spray entwöhnen – und erst dann das andere.
Wann ist eine Operation notwendig?
Eine Operation kann sinnvoll sein, wenn die Beschwerden vor allem anatomische Ursachen haben. Ob das der Fall ist, prüft der Arzt durch eine sorgfältige Untersuchung. „Dabei wird die Nase von innen untersucht und der Luftdurchfluss gemessen“, erklärt Sawatzki. Bei einem entsprechenden Verdacht lässt sich dieser durch eine Computertomografie (CT) verifizieren. Die CT-Aufnahmen zeigen dann auch das Ausmaß der Sinusitis, der Verkrümmung der Nasenscheidewand und/oder die Vergrößerung der Nasenmuscheln: Sind die Nebenhöhlen und ihre Öffnungen bereits sehr stark verengt, helfen konservative Maßnahmen nämlich nur vorübergehend. Dann sollten Wucherungen operativ entfernt werden. Sind beispielsweise die Nasenmuscheln massiv vergrößert, lassen sich diese oft ambulant und unter örtlicher Betäubung mit Hochfrequenz, Laser oder per Elektrokoagulation verkleinern. Ist zusätzlich eine Begradigung der Nasenscheidewand nötig, wird diese in einer Operation begradigt. Dazu ist nur eine Kurznarkose nötig. Sind die Öffnungen der Nebenhöhlen verengt und diese zusätzlich zugewuchert, entfernt der Arzt dabei auch gleich die Wucherungen. Ein solcher Eingriff ist in der Regel ambulant möglich.
Text: Yvonne Walbrun