von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Wasserbüffelkuh Ilvy hat drei Konkurrentinnen: Kuh Heidi, die schöne Murnau-Werdenfelserin, Geiß Penelope aus dem Toggenburg und die emsige Dungfliege Scatophaga. Alle vier buhlen um den Titel „Landschaftspflegerin des Jahres 2020“. Zur Wahl aufgerufen hat die Bund-Naturschutz-Kreisgruppe im Landkreis Mühldorf, weil Weidetiere heute entscheidende Akteure in der Biotop-Pflege sind. Und Ilvy hat gute Chancen, sie gab nämlich alles! Sie hat sich für den Wettbewerb weitere 50 Kilo angefressen, keine andere Büffelkuh hat so einen Umfang. Anders gesagt: Dicke Kuh, dicke Tümpel!

Ilvy legt beim Suhlen extragroße Tümpel an, sie matscht so richtig rum! Und genau das soll sie auch. „Büffelsuhlen sind Lebensräume für Gelbbauchunken und viele andere Tierarten“, erklärt Andreas Zahn, Artenschutzbeauftragter der Kreisgruppe Mühldorf des Bund Naturschutz. Seit über 20 Jahren gibt es ein Beweidungsprojekt im Jettenbacher Talraum zusammen mit der Landwirtsfamilie Reißaus. Ursprünglich durften Rinder für den Naturschutz fressen. Durch den ungleichmäßigen Fraß der Tiere entstand ein vielfältiger Lebensraum, es gab Trittlöcher, die aber oft nicht groß genug waren oder sich wieder verschlossen.

„Seit 2011 kommen Wasserbüffel zum Einsatz. Deren Zusatzqualität ist eindeutig, dass sie Suhlen anlegen, sie sind Bio-Bagger, die Verflachung und Verlandung der Tümpel verhindern und sogar neue Kleingewässer schaffen“, erläutert Zahn. Rinder hingegen fressen das unerwünschte Springkraut, aber wenn es um Feuchtgebiete geht, sind Ilvys Artgenossen unschlagbar. Zudem haben sie breitere Klauen und eignen sich auch für sumpfiges Weideland. Sie durchstreifen das gesamte Gebiet, wobei der Herdenverband, geführt von einer Leitkuh, meist dicht zusammenbleibt. Das Nahrungsspektrum der Büffel ähnelt dem von Rindern. Aufgrund einiger Unterschiede im Verdauungssystem verwerten sie jedoch Nahrung geringer Qualität und mit hohem Zellulose-Anteil besser.

Wasserbüffel grasen in einigen Regionen Bayerns für den Naturschutz, im Jettenbacher Talraum sind es drei bis fünf Tiere, meist mit Kälbern, die für Artenvielfalt arbeiten. Jetzt im Winter leben sie am Hof, haben tiergerechte Stallungen wie Tretmiststall, Kompostmiststall und Außen-Liegeboxen mit großzügigen Laufhöfen. „Sie bekommen ein dichtes Winterfell, vertragen Temperaturen bis minus 24 Grad, mögen nur nasskaltes Wetter nicht. Wasserbüffel haben weniger Schweißdrüsen als Rinder“, erklärt Zahn, „deshalb suchen sie im Sommer Gewässer zur Kühlung auf, liegen auch länger im Wasser.“

Was heute oft vergessen wird: Nutztiere leben in Laufställen, dabei ist Bayern traditionell ein Weideland! „Die heimische Natur ist historisch unter der Weidekultur entstanden, sie hat sich über Jahrhunderte an Beweidung angepasst“, erläutert Andreas Zahn. „Ein Kuh- oder Büffel-fladen wäre eine Art McDonald’s für Vögel! Aber große Insekten fehlen während der Aufzuchtzeit der Jungen. Neben dem Rückgang blumenreicher Wiesen und Weiden, auf denen sich auch viele Insekten tummeln, ist vor allem eine Nahrungsquelle weitgehend versiegt: Die Hinterlassenschaften des Weideviehs. Früher waren rings um die Siedlungen überall Rinder, Pferde, Ziegen und Schafe in großer Zahl auf den Weiden zu finden und im Dung wimmelte es nur so: Mistkäfer und Fliegen und ihre Larven machten sich zügig an die Aufarbeitung der Kuhfladen, Pferdeäpfel und Schafköttel. Die Vögel nutzten das reiche und allzeit verfügbare Insektenangebot ausgiebig. In nur einem Fladen gab es so viele Insekten, wie ein Kiebitzküken pro Tag an Nahrung brauchte!“

Ilvy baggert also nicht nur, sondern hilft auch mit ihrem Dung. Und so eine Wasserbüffelherde hat noch einen weiteren Vorteil. Sie flößt Respekt ein, dort, wo ein Bulle dabei ist, erst recht. Flächen erfahren eine Beruhigung durch diese Weidetiere! Wo der Mensch draußen bleibt, wo keine Hunde stöbern, da fühlen sich eine Reihe von Arten sicher. „Da würde eventuell sogar wieder eine Bekassine brüten“, erhofft sich Zahn.

Tipps & Links

>> Die Teilnahme an dem Wettbewerb „Landschaftspflegerin des Jahres 2020“ ist bis Ende Februar 2021 möglich. Informationen: www.muehldorf.bund- naturschutz.de/gewinnspiel

>> Wasserbüffel als Habitatkonstrukteure – ein Beitrag u. a. von Andreas Zahn: www.anl.bayern.de/publika tionen/anliegen/doc/an37105zahn_et_al_2015_ wasserbueffel.pdf

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