Ein Mann um die 60, graumelierte Haare, fasst sich mit schmerzverzerrtem Gesicht und nach vorn gebeugtem Oberkörper an die linke Brust: So oder so ähnlich kennen es die meisten von Erste-Hilfe-Plakaten oder aus dem Fernsehen. Es ist das Sinnbild einer lebensbedrohlichen Erkrankung – den akuten Herzinfarkt.
Wichtigstes Anzeichen ist der plötzlich einsetzende meist linksseitige, einschnürende Brustschmerz, teils mit Ausstrahlung in den linken Arm, den Hals oder den Rücken. Begleitend tritt oft Atemnot, starkes Schwitzen oder Übelkeit auf. Dann heißt es umgehend handeln und den Notruf 112 wählen. Hier zählt im wahrsten Sinn des Wortes jede Sekunde.
In Deutschland sterben jährlich ca. 40 000 bis 50 000 Menschen an einem akuten Herzinfarkt, davon 40 Prozent am gleichen Tag und oft noch bevor sie das Krankenhaus erreichen. Erfreulicherweise sind diese Zahlen in den vergangenen Jahrzehnten rückläufig. Neben einer immer besseren und schnelleren flächendeckenden medizinischen Versorgung spielt auch eine bessere Aufklärung der Bevölkerung eine Rolle.
Wenn die Brust schmerzt, geht man zum Arzt – und das ist gut so. Brustschmerzen gehören deshalb zu einem häufigen Beschwerdebild in der Hausarztpraxis. In den meisten Fällen verbirgt sich eine harmlose Erkrankung dahinter. Insbesondere bei jüngeren Menschen handelt es sich meist um ein „Brustwandsyndrom“. Darunter fallen alle Beschwerden, die ihren Ursprung im Muskel- und Skelettapparat haben. Beispiele sind Abnutzungserscheinungen der Hals- und Brustwirbelsäule, die zu schmerzhaften Muskelverspannungen führen oder zu einer Irritation der vielen Zwischenrippennerven („Intercostal-Neuropathie“).
Während sich der Schmerz beim Herzinfarkt drückend, einschnürend und beklemmend anfühlt, sind Muskel- und Skelettschmerzen meist stechend und bewegungsabhängig. Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich die Beschwerden zudem oft durch Druck von außen auslösen. Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen haben auch keine begleitenden Symptome wie Fieber oder Atemnot – in solchen Fällen ist eine weitere Abklärung mittels Röntgenbild und Blutentnahme nötig, um eine Lungen- oder Rippenfellentzündung auszuschließen.
Die Ursache von Brustschmerzen können auch Krankheiten der Speiseröhre sein, überwiegend durch das Zurückfließen von saurem Magensaft („Reflux“). Ein Hinweis darauf sind brennende Schmerzen hinter dem Brustbein, die verstärkt im Liegen auftreten. Erkrankungen der Organe im Oberbauch wie eine Entzündung der Gallenblase oder eine akute Entzündung der Magenschleimhaut können ebenfalls zu Schmerzen im Brustbereich führen.
Zuletzt darf man wie so oft die Psyche nicht außer Acht lassen: Zum einen fühlen sich Brustschmerzen bedrohlich an, lösen oft ein Gefühl von Angst und Panik aus. Zum anderen können psychische Erkrankungen selbst Brustschmerzen hervorrufen. Man spricht von einer „Somatisierung“ oder von „nervösen Herzbeschwerden“. In jedem Fall gilt aber: Schmerzen im Brustbereich sollten Sie immer ärztlich abgeklären lassen. Und dabei gilt mehr noch als sonst: Lieber einmal zu viel als zu wenig!
Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) schreibt über die vielfältigen Ursachen von Brustschmerzen.