Die Kraft der Vitamine

von Redaktion

So wichtig sind sie für Ihr Immunsystem – besserer Schutz auch gegen Corona?

Vitamine sind lebenswichtig. „Trotzdem wird ihre Rolle oft unterschätzt“, sagt der Mediziner Dr. Michael Spitzbart. Sie sind entscheidend am Stoffwechsel beteiligt, beispielsweise bei der Verwertung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß oder beim Aufbau von Zellen, Blutkörperchen, Knochen und Zähnen. Doch Spitzbart geht sogar noch einen Schritt weiter: Seiner Überzeugung nach können speziell die Vitamine C und D im Kampf gegen eine Corona-Infektion helfen – eine These, die ihm viel Kritik eingebracht hat. So wird dem Arzt, der in Salzburg eine Privatpraxis betreibt, unter anderem vorgeworfen, er verharmlose Covid-19. Warum er trotzdem an die Kraft der Vitamine gegen Corona glaubt und wie sie den Körper in vielen anderen Bereichen steuern, erklärt er hier im Interview.

Was genau sind Vitamine?

Vitamine sind lebensnotwendig. Bei einem Mangel wird man zunächst müde und schlapp, später krank, schlimmstenfalls kann man sogar sterben. In unserer modernen Medizin spielen die Vitamine leider eine eher untergeordnete Rolle. Sie sind wie ein blinder Fleck im Auge vieler Schulmediziner. In meiner Praxis optimiere ich den Vitaminhaushalt – als Hilfe zur Selbsthilfe. Falls das nicht hilft, kann ich ja immer noch Medikamente verordnen. Doch am Ende heilt immer die Natur – nicht der Arzt und selten das Medikament.

Welche Vitamine sind die wichtigsten fürs Immunsystem?

Vitamin C und D sind für das Immunsystem besonders wichtig. Vitamine und andere essenziellen Stoffe spielen wie ein Orchester zusammen. Solche Partner sind beispielsweise Aminosäuren, die den Gesamt-Eiweiß-Spiegel im Blut bilden. Egal, ob Muskeln, Knochen, Hormone oder Immunsystem – alles besteht aus Eiweiß. Das Wort Protein stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „vorangehen“. Bei einem hohen Eiweißwert wird man im Leben eher vorangehen, bei tiefen Werten leider hintendran bleiben. Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen unbemerkt unter ihren Möglichkeiten bleiben – nur, weil das Eiweiß nicht im Optimal-Bereich liegt.

Wie funktionieren die Vitamine, was genau tun sie im Körper, um die Abwehrkräfte zu stärken?

Dass Vitamin D wichtig für den gesunden Knochenaufbau ist, wissen wir spätestens seit Entdeckung der Englischen Krankheit (Rachitis). Ohne Vitamin D – beispielsweise durch zu wenig Sonneneinstrahlung – können die Knochen nur mangelhaft aufgebaut werden. Neueste Forschungsergebnisse haben außerdem bewiesen, dass hohe Vitamin-D-Spiegel den Verlauf einer Sars-CoV-2 Infektion deutlich abmildern können.

Sie behaupten, Vitamin C könne eine Corona-Infektion abmildern oder sogar vor einem Ausbruch schützen. Wegen dieser These sind Sie bei anderen Medizinern ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Bleiben Sie trotzdem dabei?

Ja, natürlich! Vitamin C in höherer Dosis kann helfen, eine Corona-Infektion von vorn herein zu verhindern. Hier scheint das Vitamin C die körpereigene Schleimhaut-Barriere zu stärken, damit das Spike-Protein des Virus gar nicht erst an der Zelle andocken kann. Diese natürlichen Abwehrstoffe werden bei uns eher belächelt. In Südkorea allerdings hat das Klinikpersonal während der Corona-Krise drei Gramm Vitamin C täglich bekommen, um die natürliche Abwehr zu stärken. In China erhielten schwer kranke Sars-CoV-2-Patienten sogar 40 Gramm Vitamin C intravenös. Viele konnten schon Stunden später wieder auf Normalstation verlegt werden. Wissenschaftliche Studien dazu laufen noch. Ich persönlich glaube, dass es bei Corona-Infektionen zu einem massiven Verbrauch von Antioxidantien kommt, dem man mit hoch dosierten Vitaminen entgegenwirken kann. Pathologen berichten, dass bei Corona-Toten die Blutgefäße oft massiv geschädigt sind. Wie bei Skorbut, dem starken Vitamin-C-Mangel. [Anmerkung der Redaktion: Das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte kann eine viruzide Wirkung von Vitamin C auf Anfrage nicht bestätigen. Da das Coronavirus Sars-CoV-2 erst seit relativ kurzer Zeit bekannt ist, gibt es noch keine Interventionsstudien an Menschen, die eine Wirksamkeit von bestimmten Pflanzen, Vitaminen oder Mineralstoffen gegen ihn beweisen.]

Einige Forscher sehen im Vitamin C jedoch ein adäquates Mittel, um die Therapie von schweren entzündlichen Prozessen zu unterstützen. In welchen Lebensmitteln sind diese besonders wichtigen Vitamine enthalten?

In allen frischen Lebensmitteln, die wenig behandelt, gekocht oder erhitzt wurden. Folsäure stirbt beispielsweise schon bei 40 Grad. Laut deutscher Verzehrstudie besteht hier besonders oft ein Mangel. Die fettlöslichen Vitamine wie das Vitamin D bekommt man aus fetten Seefischen oder Lebertran. Viele Menschen schlucken lieber Nahrungsergänzungsmittel. Für die Wintermonate empfehle ich all meinen Patienten, Vitamin D zusätzlich einzunehmen. Aber sogar im Sommer messe ich Defizite bei Menschen, die von 9 bis 17 Uhr im Büro sitzen.

Ist es empfehlenswert, bei einer normalen, gesunden Ernährung zusätzlich Vitamine einzunehmen?

Am liebsten würde ich sagen „Nein“. Denn eigentlich sollte im Essen alles drin sein. So war das von der Natur nämlich einmal gedacht. Doch wir leben nicht mehr natürlich. Der Kalorienverbrauch hat sich in den letzten 100 Jahren mehr als halbiert. Früher hat über die Quantität der Ernährung die Qualität gestimmt. Heute bekommt man mit 1800 gegessenen Kilokalorien nicht mehr genügend ab von der Qualität. Besonders dann, wenn man viele Kohlenhydrate isst. Die sind nämlich nicht essenziell.

Was ist abgesehen von Vitaminen und Mineralstoffen wichtig für gute Abwehrkräfte und ein starkes Immunsystem?

Bewegung! Und zwar nach dem Motto: langsam, dafür länger. Sportler sprechen dabei von Grundlagenausdauertraining. Zusätzlich sollte man sein Immunsystem ständig aktivieren, indem man seine Umgebung nicht zu steril hält. Denn dann schläft das Immunsystem ein. Konfrontation härtet ab.

Interview: Susanne Höppner

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