Schneller wieder auf den Beinen

von Redaktion

Knochenbrüche: Wie Patienten von modernen Implantaten profitieren

VON ANDREAS BEEZ

München – Als Hobby-Skilehrer macht Bernd Ostermeier, 42, auch in der Buckelpiste eine gute Figur. Deshalb kann der Münchner Wirtschaftsinformatiker mit niederbayerischen Wurzeln bis heute nicht fassen, dass er sich ausgerechnet auf einer harmlosen Familienabfahrt den Hax’ gebrochen hat – und das auch noch aus dem Stand heraus, als er gerade auf seinen Skischüler wartete. Der folgenschwere Umfaller passierte vor drei Jahren in der Nähe der Fleckalm bei Kitzbühel, sofort nach dem Sturz schoss ihm ein stechender Schmerz ein. „Ich habe gleich gemerkt, dass etwas kaputt ist.“

Auf dem hinteren Sitz des Skidos ging’s ins Tal, auf dem Beifahrersitz des Autos zurück nach München – über Umwege in die Notaufnahme des Uniklinikums rechts der Isar. Die Diagnose der Ärzte: ein Wadenbeinbruch in Sprunggelenksnähe. Ostermeier musste unters Messer.

Für Unfallchirurgen sind solche Verletzungen Routine, für viele Patienten allerdings ein mittelgroßes Drama: vor allem deshalb, weil sie den gebrochenen Knochen nach der OP über Wochen nicht belasten dürfen. „Natürlich lässt sich kein Mensch gerne operieren, aber am Ende sind die Patienten meist dankbar, wenn wir sie sicher und so schnell wie möglich wieder auf die Beine bringen können. Für jede Woche, die man nicht mobil ist, muss man hinterher eine weitere Woche investieren, um den Rückstand bei Muskulatur und Funktionalität wieder aufzuholen“, weiß Professor Peter Biberthaler, Chef der Unfallchirurgie im Klinikum rechts der Isar. Und sein Leitender Oberarzt Professor Chlodwig Kirchhoff erklärt: „Egal, welches Gelenk verletzungsbedingt operiert werden muss – die Zeit der Ruhigstellung führt nach dem Eingriff zu einem Funktionsverlust des Gelenks. Deshalb ist es das Ziel der modernen Unfallchirurgie, Knochen gezielt zu rekonstruieren und die Befestigungsmethode der stabilisierenden Implantate so zu wählen, dass das Gelenk so früh wie möglich wieder bewegt und belastet werden kann.“

Deshalb feilen die Unfallchirurgen im Klinikum rechts der Isar seit Jahren an OP-Strategien, die die Phase der Ruhigstellung des Knochens verkürzen können, Biberthalers Team zählt zu den Vorreitern auf diesem Forschungsgebiet in Deutschland. Neben passgenauen Implantaten für jeden einzelnen Knochen spielen sogenannte winkelstabile Systeme eine Schlüsselrolle – vereinfacht erklärt Platten, die mit speziellen Schrauben so bombenfest im Knochen verankert werden, dass keine Reibung entsteht. Die entscheidenden Vorteile: Eine Lockerung der Implantate ist auch bei Vollbelastung nahezu ausgeschlossen. Die Patienten dürfen den Knochen früher wieder gefahrlos belasten, verlieren dadurch weniger Muskulatur, das Risiko von Komplikationen wie Thrombosen sinkt, die Rehaphase verkürzt sich. Unterm Strich können die Patienten früher wieder arbeiten und sporteln.

Wie stark die Patienten von diesen modernen Materialien profitieren, kristallisierte sich jetzt bei einer Studie heraus: Nach einer Sprunggelenk-OP halbiert sich die Zeit auf Krücken sogar – von sechs auf drei Wochen. „Das Grundprinzip funktioniert auch bei allen anderen größeren Gelenken“, erläutert Studienleiter Kirchhoff, nur bei den kleineren, dünnen Knochen eigne sich das winkelstabile System nicht so gut.

Am Uniklinikum rechts der Isar werden allerdings inzwischen die allermeisten Patienten mit winkelstabilen Implantaten versorgt. Nach Operationen am Sprunggelenk dürfen sie bereits nach zwölf bis 14 Tagen damit beginnen, den Fuß wieder vorsichtig zu belasten. Auch für Bernd Ostermeier wirkte diese Strategie wie ein Turbo zurück in den Alltag. „Nach drei Wochen habe ich die Krücken zur Seite gestellt, nach zwei Monaten konnte ich ganz normal gehen.“ Inzwischen fährt er auch wieder Ski, als wäre der Umfaller an der Fleckalm nie passiert. Das Implantat ist inzwischen wieder entfernt worden, Ostermeier hat die Platte als Andenken behalten. Schaut ganz schick aus, „aber eine reicht“, sagt der Münchner augenzwinkernd.

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