2020 wird für immer als das Jahr der Corona-Pandemie in Erinnerung bleiben. Gefühlt gab es eigentlich kein anderes Thema. Auch in den ersten drei Monaten des neuen Jahres scheint sich daran nicht viel zu ändern. Aber 2020 gab es noch einen anderen „Viren-Rekord“: Mit knapp über 700 gemeldeten Erkrankungen an der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist das der Höchststand seit dem Beginn der Meldepflicht 2001.
Für heuer wird erneut mit vielen Fällen dieser durch Zecken übertragenen Erkrankung gerechnet. Grund sind unter anderem klimatische Veränderungen mit deutlich milderen Wintern und damit steigenden Zeckenpopulationen. Aber auch die Corona-Pandemie trägt ihren Teil dazu bei. Durch das veränderte Freizeitverhalten mit mehr Aktivitäten im Freien steigt die Gefahr eines Zeckenstichs und damit einer Infektion.
Das größte Risiko, sich mit dem FSME-Virus zu infizieren, besteht dabei in Baden-Württemberg und Bayern. Ganz grob kann man auf Höhe der deutschen Mittelgebirge die Grenze ziehen. Nördlich davon sind die Erkrankungszahlen nahezu unverändert, südlich davon gibt es einen signifikanten Zuwachs. So auch in den angrenzenden Ländern wie Österreich, Schweiz und Tschechien.
Achtung: Ein FSME-Risikogebiet ist nicht gleichzusetzen mit einem Zeckengebiet. Zecken können in Deutschland überall vorkommen. Hohes Gras, Gebüsch und Unterholz sind ihr bevorzugter Lebensraum. Es gibt aber keine offiziellen Zecken-Risikogebiete. Für die FSME schon: In einem FSME-Risikogebiet liegt die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich zu erkranken, bei 1:50 bis 1:100. 0,1 bis fünf Prozent der Zecken tragen hier das FSME- Virus in sich.
In 70 bis 95 Prozent der Fälle verlaufen FSME-Erkrankungen symptomlos oder mild mit grippeähnlichen Symptomen. Nur selten kommt es in einer zweiten Krankheitsphase zu einer Hirn- und Hirnhautentzündung mit teils gravierenden neurologischen Komplikationen wie dauerhaften Lähmungserscheinungen, im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten. Darum sollte man sich im Freien durch Tragen langer Kleidung und Absuchen des Körpers nach dem Spaziergang schützen.
Den besten Schutz bietet aber die Impfung: Sie ist gut wirksam, hat wenig Nebenwirkungen und wird von der Krankenkasse bezahlt. Bei der deutlich häufigeren Borreliose, einer durch Zecken übertragenen bakteriellen Erkrankung, ist eine Impfung leider nicht möglich. Allerdings kann hier eine Therapie mit Antibiotika helfen.
Weltweit gibt es mehr als 900 Zeckenarten und zahlreiche von ihnen übertragene Erkrankungen. In Deutschland und Europa war bis dato der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) vorherrschend. Seit einiger Zeit verbreiten sich auch die ursprünglich tropischen Hyalomma-Zecken. Sie sind deutlich größer und haben auffällig gestreifte Beine. Im Gegensatz zum heimischen Holzbock, den man von Pflanzen abstreift, bewegen sie sich aktiv auf ihre Opfer zu. In ihren Ursprungsländern sind sie Überträger hämorrhagischer Fiebererkrankungen wie dem Krim-Kongo-Fieber. Angesichts des Klimawandels werden wir uns also in Zukunft neben FSME und Borreliose auch hierzulande auf neue Erkrankungen einstellen müssen.
Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) verrät, wo die Infektionsgefahr am größten ist.