Wer an Herzschwäche leidet, hat keine sonderlich gute Prognose: Die Hälfte der Patienten stirbt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie innerhalb von vier Jahren nach der Diagnose, mehr als 50 Prozent mit schwerer Herzinsuffizienz sogar innerhalb eines Jahres. Damit liegt die Sterblichkeitsrate noch höher als bei gefährlichen Krankheiten wie Prostata- oder Brustkrebs.
Doch dank intensiver Forschung gibt es inzwischen neben Helfern wie Stents, Bypässen und Herzschrittmachern mehrere Medikamente, die die Lebensdauer und -qualität herzschwacher Patienten entscheidend verbessern können. Der jüngste Hoffnungsträger ist erst seit November in Deutschland zugelassen und wurde per Zufall entdeckt: Als Patienten mit Diabetes Typ 2 im Rahmen einer internationalen Studie mit Dapagliflozin behandelt wurden, stellte sich überraschend heraus, dass das neue Medikament einen positiven Nebeneffekt hat. Denjenigen Patienten, die zugleich auch an einer Herzschwäche litten, ging es bereits kurze Zeit nach der Einnahme deutlich besser. Die Forscher waren verblüfft. Weitere Studien mit herzschwachen Patienten ohne Diabetes bestätigten die Wirksamkeit von Dapagliflozin als Herz-Helfer.
„Das ist ein Meilenstein in der Forschung. Das neue Medikament ist für Menschen mit Herzinsuffizienz ein weiteres Licht am Horizont“, sagt Professor Volker Klauss von der Praxis Kardiologie-Innenstadt. Dapagliflozin führe zu einer deutlichen Verbesserung der Herzfunktion und könne künftig zusätzlich zu der bisher bewährten Herzinsuffizienz-Medikation als neue Standardtherapie eingesetzt werden. Nach Angaben von Professor Klauss ist Dapagliflozin sehr gut verträglich und muss nur einmal täglich eingenommen werden.
Professor Klauss’ langjähriger Patient Dietmar Weber gehört zu den Ersten in Deutschland, die das Medikament regelmäßig einnehmen: Seit er im Januar mit der Therapie begann, hat sich Webers Herzfunktion deutlich verbessert. „Noch vor einigen Wochen hatte ich Beschwerden beim Treppensteigen und beim Radfahren auf dem Ergometer. Das ist jetzt kein Problem mehr“, berichtet der 69-Jährige zufrieden. Bei Weber, dessen Eltern beide an einem Herzinfarkt gestorben sind und der somit erblich vorbelastet ist, wurde schon 2004 eine schwere Herzschwäche diagnostiziert – eher zufällig durch einen schlechten Blutwert. Den damals 52-jährigen, sportlichen Mann, der unter anderem Squash im Verein spielte, traf die Diagnose wie ein Schlag. Seitdem hat er so einiges mitgemacht: Weber wurden von Professor Klauss und weiteren Ärzten zwölf Stents eingesetzt und ein Bypass operiert. Doch immer wieder gab es Probleme mit verengten Gefäßen.
Das neue Medikament soll nun endlich dafür sorgen, dass sich Webers Herzleistung stabilisiert und er nicht ständig einen neuen Rückschlag befürchten muss. Seine Squash-Karriere hat der 69-Jährige zwar längst aufgegeben. Aber er hofft, mithilfe von Dapagliflozin noch viele Kilometer auf dem Ergometer fahren zu können. NICOLE HUSS