Neue Hoffnung für Herz-Patienten

von Redaktion

HERZSERIE (2): Aufgeschobene Herz-Vorsorge unbedingt heuer nachholen

Das Fatale: Aus Angst vor einer Corona-Infektion gingen im vergangenen Jahr deutlich weniger Menschen zur Vorsorge-Untersuchung. Kardiologen warnen vor gravierenden Folgen und appellieren vor allem an ältere Menschen und Risikopatienten, den regelmäßigen Check-up ernst zu nehmen – zumal es immer mehr Medikamente gibt, die Patienten mit Herzschwäche neue Hoffnung geben können.

Das Herz ist der Motor unseres Lebens. Unermüdlich und nahezu unbemerkt arbeitet es für uns: Rund 100 000 Mal pro Tag schlägt das Herz und pumpt dabei etwa 7200 Liter Blut durch unseren Körper, um alle Organe mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass dieser Motor läuft wie geschmiert, und merken erst, wie wichtig er ist, wenn er plötzlich ins Stottern gerät.

Doch das ist leider oft der Fall: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind seit Jahren die Todesursache Nummer eins in Deutschland. Allein 2018 sind mehr als 207 000 Menschen an einer Herzerkrankung gestorben. Über 1,7 Millionen Deutsche müssen deswegen jährlich in einer Klinik behandelt werden. Die Bandbreite an Komplikationen ist dabei groß – von Herzrhythmusstörungen über die koronare Herzkrankheit bis hin zur Herzschwäche (Herzinsuffizienz), die den größten Teil der Patienten ausmacht.

„Um Herzprobleme effektiv behandeln zu können, ist es enorm wichtig, sie rechtzeitig zu erkennen“, sagt Professor Volker Klauss von der Praxis Kardiologie-Innenstadt. Doch zur Vorsorge gingen im letzten Jahr weitaus weniger Menschen als sonst üblich – aus Angst vor einer Corona-Infektion. „Es gab im vergangenen Jahr viele verschleppte Herzerkrankungen mit dann viel schlechterer Prognose, weil die Patienten zu spät in die Praxis oder ins Krankenhaus gekommen sind“, berichtet Klauss. Dabei verfügten die meisten Arztpraxen inzwischen über einen guten Infektionsschutz. In seiner Praxis seien die Patienten beispielsweise durch Plexiglas im Wartebereich räumlich voneinander getrennt; zudem habe inzwischen fast das gesamte Personal eine Corona-Impfung erhalten.

Gerade an Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen appelliert Professor Klauss daher dringend, ihr Herz regelmäßig untersuchen zu lassen. Denn eine Herzschwäche macht sich oft erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkbar. „Erste Symptome wie verminderte Leistungsfähigkeit und Müdigkeit nehmen Betroffene häufig nicht ernst, da sie sie mit harmlosen Altersbeschwerden verwechseln“, weiß Klauss. Wer denkt schon gleich an eine Herzschwäche, wenn er nach einem Sprint zum Bus außer Atem ist, beim Treppensteigen etwas schlechter Luft bekommt oder öfter geschwollene Fußgelenke hat? Genau das können aber erste Warnzeichen sein – zumal, wenn man über 50 ist und es möglicherweise Fälle von Herzerkrankungen in der Familiengeschichte gibt oder wenn man selber an Vorerkrankungen leidet. Denn die Herzschwäche geht meistens einher mit anderen Erkrankungen, meistens mit hohem Blutdruck, Diabetes oder Arteriosklerose, bei der die Herzkranzgefäße verkalken.

Um Risikofaktoren möglichst früh zu erkennen, rät Professor Klauss, ab dem 35. Lebensjahr regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen. Die Krankenkassen bezahlen alle drei Jahre einen Check-up; empfohlen wird er zumindest alle fünf Jahre. Bei der Ausgangsuntersuchung nimmt der Hausarzt vor allem den Blutdruck und verschiedene Laborwerte wie Blutfett- und Nierenwerte genauer unter die Lupe. Zudem befragt er den Patienten nach Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und familiärer Vorbelastung.

Erkennt der Arzt ein erhöhtes Risiko für eine Herzschwäche, sind weitere Untersuchungen beim Kardiologen nötig. „Wir machen dann in der Regel ein EKG, einen Herz-Ultraschall und eine Belastungsuntersuchung, zum Beispiel auf dem Ergometer, kombiniert mit Herzschall“, sagt Professor Klauss. Die Ergebnisse lieferten meist schon ein umfassendes Bild. In manchen Fällen muss zusätzlich noch eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs oder eine Herz-Computertomografie, die auch kleine Verkalkungen zeigt, gemacht werden. Bestätigt sich der Verdacht einer Herzschwäche, erstellt der Kardiologe ein umfassendes Therapiekonzept, bestehend aus Medikamenten, regelmäßiger Bewegung und herzgesunder Ernährung.

Doch nicht erst bei einer Herzschwäche sollte man auf ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung achten. Denn das sind Professor Klauss zufolge die wesentlichen Erfolgsfaktoren, um einer Herzerkrankung vorzubeugen. Der Kardiologe, der selbst fast täglich die zehn Kilometer zur Arbeit radelt, rät zu maßvollen, aber regelmäßigen Aktivitäten wie Joggen, Radfahren und Schwimmen. Auch in Lockdown-Zeiten, in denen man tendenziell mehr Zeit sitzend zu Hause verbringt, sollte man sich fit halten: Denn ein gesundes Herz-Kreislauf-System kann dazu beitragen, dass eine Corona-Erkrankung, wenn es einen denn erwischt, wesentlich milder verläuft als bei Menschen, die untrainiert sind und sich zudem ungesund ernähren.

Zur Vorbeugung einer Herzschwäche rät Professor Klauss außerdem dazu, auf Nikotin zu verzichten, Alkohol nur in Maßen zu sich zu nehmen und Übergewicht zu vermeiden. Gut fürs Herz sind zudem eine mediterrane Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Salat und Fisch sowie Olivenöl, das wertvolle ungesättigte Fettsäuren enthält. Auch Nüsse zählen zu den herzstärkenden Lebensmitteln; täglich eine Handvoll davon wirkt sich günstig auf Blutdruck und Cholesterinwerte aus. Lebensmittel wie Salz, Fertigprodukte, rotes Fleisch und fettiger Käse sollten dagegen selten auf dem Speiseplan stehen. „Der gesunde Mix macht’s“, sagt der Kardiologe. Dazu zähle auch, Stress und mangelnden Schlaf zu vermeiden. „Wir können mit unserem Lebensstil eine ganze Menge dafür tun, unser Herz und unsere Blutgefäße gesund zu erhalten“, ist er überzeugt.

NICOLE HUSS

Artikel 3 von 7