München – Fast 130 000 Babys kommen jährlich in Bayern auf die Welt – eigentlich das größte Glück für ein Paar. Doch mit dem Baby ziehen oft auch zahlreiche Beziehungskiller in die junge Familie ein. Es ist vor allem das erste Jahr nach der Entbindung, die das Elternpaar auf eine harte Probe stellt und das manchmal sogar die Trennung des Elternpaares mit sich zieht. Zeit- und Schlafmangel, unerfüllbare Erwartungen an sich selbst oder schwierige Familienkonstellationen führen oft zu Konflikten. Mann und Frau leiden jeder auf seine Weise, fühlen sich häufig einsam, verlassen und unverstanden – die Beziehungskrise scheint vorprogrammiert.
Doch es geht auch anders! Die Psychologinnen Micaela und Ulrike Peter haben im März im Kösel Verlag den paartherapeutischen Ratgeber „Zweisam. Dreisam. Einsam? Wie Partnerschaft auch mit Kindern lebendig bleibt“ (18 Euro) veröffentlicht. Darin schildern die beiden, wie Eltern diese herausfordernde Zeit meistern können. Und das sind ihre besten Tipps, wie Eltern trotz der Belastungen durch ein Baby als Paar glücklich bleiben:
Rollenverteilung
. Stärken Sie die Zweisamkeit bewusst und aktiv mit gegenseitiger Aufmerksamkeit und Wertschätzung.
. Interpretieren Sie die Gereiztheit, das Desinteresse und die mangelnde Empathie Ihres Partners nicht als Beziehungsbotschaft, sondern als Folge anhaltender und strapazierender Anforderungen. Was Sie erleben, ist in dieser Lebensphase normal.
. Versetzen Sie sich regelmäßig in die Situation Ihres Partners: Gegenseitiges Verständnis ist die Basis einer zufriedenen Beziehung.
. Jedes Paar braucht regelmäßig Zeit zu zweit. Sorgen Sie für gemeinsame Quality time.
. Loben Sie Ihren Partner jeden Tag.
. Machen Sie sich bewusst, warum Sie eine Veränderung wünschen. Was genau soll sich warum ändern? Denn Motivation ist der Schlüssel für den Erfolg all Ihrer Bestrebungen.
Selbstfürsorge
Energiemangel und Erschöpfung sind bei Eltern, insbesondere wenn die Kinder noch sehr klein sind, normal, deshalb:
. Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Situation nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt. Halten Sie durch. Es wird wieder besser.
. Kraftlosigkeit ist die Hauptursache für Streitigkeiten zwischen Eltern. Verringern Sie Ihre Belastungen (zum Beispiel durch das Herunterschrauben zu hoher Ansprüche) und bauen Sie in jeden Tag feste Erholungseinheiten ein.
. Gestehen Sie sich selbst Fehler und Schwächen zu, ohne sich zu verurteilen oder unzulänglich zu fühlen. Schaffen Sie neue Prioritäten: „So viel wie nötig und so wenig wie möglich.“
. Familien-Time-out: Sorgen Sie gut für sich selbst, indem Sie sich Auszeiten nehmen und sich zu Hause absprechen, wer wann die Verantwortung übernimmt.
. Arbeiten Sie als Team zusammen, spielen Sie sich die Bälle zu, kooperieren Sie.
. Seien Sie fürsorglich miteinander und nehmen Sie Rücksicht darauf, wer von Ihnen beiden im Moment gerade eine Auszeit nötiger hat.
Erziehung
Die Erfahrung zeigt, dass Erziehung ein hoch emotionales Thema ist, an dem sich leicht Konflikte entfachen können. Das liegt vor allem auch daran, dass es so viele unterschiedliche Herangehensweisen gibt und dann immer auch eigene Kindheitserinnerungen und Lebenserfahrungen mitschwingen und aktiviert werden, deshalb:
. Bleiben Sie rational – werben Sie bei Ihrem Partner für die Regeln, die Ihnen wichtig sind: Erläutern Sie dabei in nachvollziehbarer Weise, welche persönliche Bedeutung dieser Aspekt für Sie hat und welcher Wert für Sie dahinterliegt.
. Lassen Sie Ihren Partner regelmäßig allein mit dem Kind, verzichten Sie dabei auf gute Ratschläge und wohlgemeinte Kritik.
. Sprechen Sie sich wegen aller Kinderangelegenheiten ab. Unternehmen Sie keine Alleingänge!
. Legen Sie bewusst Regeln fest, hinter denen Sie beide stehen. Sagen Sie den Kindern gegenüber nicht „Ja“ zu etwas, zu dem der andere bereits „Nein“ gesagt hat oder sagen würde.
. Kein Streit in Anwesenheit der Kinder! Lassen Sie Ihre Emotionen zunächst herunterkochen und suchen Sie dann das klärende Gespräch und eine Einigung.
Liebesleben
.Es ist normal, dass Sex und Erotik nach der Geburt pausieren. Das muss nicht an Ihrer Beziehung zueinander liegen, deshalb:
. Reduzieren Sie Ihren Stress als Ursache von Libidoproblemen!
. Reden Sie über Ihre Sexualität: Entwickeln Sie Verständnis füreinander, und lernen Sie sich sexuell neu kennen. Überwinden Sie Ihre Scham.
. Lassen Sie es langsam angehen. Reduzieren Sie Ihre Erwartungen eine Zeit lang. Druck erzeugt nicht das gewünschte Ergebnis, Leistungsdruck im Schlafzimmer ist ein Erotikkiller!
. Achten Sie bewusst auf die alltäglichen Zärtlichkeiten in Form von anerkennenden Worten, kleinen Berührungen und liebevollen Gesten.
Perspektiven
. Tauschen Sie sich vertrauensvoll mit Ihrem Partner über Ihr derzeitiges Erleben sowie über Ihre Befindlichkeiten aus. Bleiben Sie wohlwollend und hören Sie sich gegenseitig aufmerksam zu. Versuchen Sie, zunächst nur Verständnis für Ihren Partner zu entwickeln, lassen Sie keinen Raum für Wertungen oder Vorwürfe.
. Zeigen Sie sich gegenseitig, wie Ihre Aufgaben und Verpflichtungen über den Tag verteilt sind. Machen Sie sich zunächst selbst klar, wie Sie sich damit fühlen. Verhandeln Sie dann die Aufgabenverteilung neu, um bestehende Ungleichgewichte zu beseitigen oder abzuschwächen.
. Erkennen Sie, was Ihrem Leben einen tiefen Sinn gibt. Welche Werte werden in Ihrem Alltag gelebt? Welche nicht? Leben Sie nach den Werten, die Ihnen wichtig sind, denn nur das bedeutet Erfüllung.
. Entwickeln Sie zusammen eine Perspektive als Paar. Machen Sie sich gegenseitig deutlich, dass Sie Ihren Partner nach wie vor an Ihrer Seite wünschen, was Sie aneinander lieben und schätzen und wie Sie Ihre gemeinsame Zukunft zusammen gestalten möchten.