von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Bei der ersten Kontrolle der Bienenstöcke im Februar schien die Welt der Imker noch in Ordnung. Doch dann begann das große Sterben, abertausende Tiere verendeten. Der Frust ist groß. Doch wie kommt es zu den immensen Verlusten? „Da müssen wir bereits in den letzten Sommer sehen“, sagt Gerd Ullinger, Leiter der Imkerschule in Kleinkemnat bei Kaufbeuren. „Um die Sommersonnenwende bereitet sich das Volk auf den Winter vor. Die Sommerbienen haben sich abgearbeitet und gut genährte Winterbienen werden ab August erzeugt. Oder hätten da sein müssen. Denn ihr Zustand ist entscheidend für eine erfolgreiche Überwinterung. Aber die Winterbienen waren 2020 deutlich weniger stark.“ Sommerbienen sind jene Bienen, die der Mensch klassischerweise in den Gärten sieht. Sie schlüpfen zwischen Frühjahr und Sommer, leben nur rund sechs arbeitsreiche Wochen. Aber der letzte Sommer war kühl und nass, die Lage an der Tracht (die Pflanzen, die Nektar für Bienen besitzen) nicht gut. Viele Imker berichten, dass die Honigausbeute gering war, andere haben erst gar nicht geschleudert, denn der umsichtige Imker lässt den Bienen immer etwas im Stock zurück. Im Prinzip fehlte schon damals eine Generation an Bienen. So weit so unbefriedigend, der Imker macht dann mehrere Varroabehandlungen und hofft das Beste! Die Winterbienen, die im Herbst schlüpfen, haben den Job, das Bienenvolk über den Winter zu bringen, müssen nicht mehr zum Sammeln ausfliegen und werden bis zu sechs Monate alt. Um den Stock warm zu halten, ziehen sie sich auf eine enge Traube zusammen und erzeugen mit ihrer Flugmuskulatur Wärme. Im Januar beginnt die Königin, zaghaft Eier zu legen. Und die Winterbienen haben die Aufgabe, Futtersaft herzustellen und die Maden zu füttern. Das braucht Kraft und Energie. „Im Februar beginnen die Frühblüher, sie sind der Anreiz auszufliegen, wenn es 10 bis 15 Grad hat. Und dann kam die Warmphase. Die Bienen sammelten wie wild Pollen, ein Brutnest wurde angelegt, die Königin legte wie wild, weil sie sich in Sicherheit wiegte, weil es ja so schien, als wären alle gut versorgt“, gibt Ullinger zu bedenken. Und dann kommt der Temperatursturz: Drei Wochen unter null Grad, Brutstopp! Teils werden Larven sogar entsorgt, Bienen werden zu Kannibalen, die Königin stellt das Brutgeschäft ein. Das Wetter machte weiter in diesem Auf und Ab. Das Problem sind weniger die „Späher“, die draußen mal die Lage checken. Womöglich verklammen sie in der Kälte, kommen nicht zurück, was aber für das Volk eher eine Warnung ist. Das Problem ist dann, dass das Volk aus zu wenigen Einzelindividuen besteht. Als das Wetter mit seinen Kapriolen begann, haben viele Imker nachgefüttert, und doch sind ihnen die Bienen neben dem Futter verhungert: „Sie verhungern wirklich an der Futterwabe! Sie verlassen die Brut nicht, sie sind zu wenig Bienenmasse. Ein großes Volk hat kein Problem, sie reichen das Futter weiter. Wenn es zu wenige sind, funktioniert die Kette nicht.“ Noch ein Problem: Im Stock hat es 35 Grad, draußen fünf Grad minus. Logischerweise entsteht Kondenswasser und verursacht an den Randwaben teils Schimmel. Auch das schwächt. Eine prekäre Situation im Frühling! Die Winterbienen sind weg, die jungen Sommerbienen sind noch nicht da. Wenn nun die Königin Mitte/Ende April wieder angefangen hat, Eier zu legen und 21 Tage später Bienen schlüpfen, ist es Mitte Mai. Die Völker sind schwach, und wenn sie nun ausfliegen, ist ihre wichtigste Tracht, der Löwenzahn, längst gemäht. „Ich habe Verständnis, dass Landwirte Nahrung für ihre Tiere brauchen, das Verständnis schwindet aber, wenn das Grüngut in eine Biogasanlage kommt“, sagt Ullinger. Grasland besteht vor allem aus Hochleistungsgräsern, artenreiche Wildblumenwiesen sucht man vergeblich. Oft leiden die Bienen daher sogar im Sommer Hunger. Und es ist bizarr, dass Bienen in der Stadt mit ihren Gärten eher Nahrung finden als am Land! Es ist jetzt schon klar, dass auch die Bienen 2021 schwache Völker ausbilden werden. Dass Imker weniger Honig haben werden. Ein Profi wie Ullinger hat von 19 eingewinterten Völkern auch drei verloren. Wenn ein Kleinimker von zwei Völkern zwei verliert, ist das besonders bitter. „Die Kleinimker machen das ja für die Natur, das Sterben ist tragisch.“ Normal sind rund 10 000 Bienen im Winter im Stock, 40 000 im Sommer. Davon sind viele Völker weit entfernt. Auch der Ausblick ist eher düster. Wetterkapriolen, Temperaturextreme und ständige Wechsel von warm zu kalt nehmen weiter zu. Auch sehr trockene Sommer sind kontraproduktiv, weil die Pflanzen Feuchtigkeit brauchen, um Nektar zu produzieren. Der Klimawandel trifft auch die Honigbiene und mehr noch die Wildbienen. Denn denen hilft kein Imker!

Interessante Links

>> www.imkerschule- schwaben.de (Imkerschule Schwaben, Tel.: 0 83 72 / 2003; Kursangebot online, Fragen werden im Chat beantwortet.)

>> www.lvbi.de

(Landesverband Bayerischer Imker e.V. Weiherhofer Hauptstr. 23, 90513 Zirndorf; Tel.: 0911 / 55 80 94.) >> www.lwg.bayern.de/ bienen/ (Bayerische Landesanstalt für Gartenbau. An der Steige 15, 97209 Veitshöchheim. Tel.: 0 931 / 98 01 0.)

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