Wenn Katzen Bälle apportieren und leidenschaftlich gerne Auto fahren

von Redaktion

VON RASSESTANDARDS UND CHARAKTEREIGENSCHAFTEN

Im Corona Katzenkauf-Boom ist die British Kurzhaar eine der Trendrassen. Im Ranking nach dem Aufkommen in Kleinanzeigen und Tierportalen steht sie noch vor der imposanten Maine Coon. „Sie wird von den Verkäufern oft als niedlich bezeichnet, als perfekte Wohnungskatze, die nie etwas kaputt macht. Die verschmust ist und sich nahtlos in jede Familie einfügt“, wundert sich Brigitte Groß von Rassekatzen in Not. Kater Carlo jedenfalls hat diese Stellenbeschreibung wohl nicht gelesen. Er war auch etwas unbedacht angeschafft worden. Die Dame hatte nach langer Zeit mit einem Hund nun wieder ein schmusiges Haustier haben wollen. Der rabenschwarze Carlo vom Britisch- Kurzhaar-Züchter zog ein – und schmuste gar nicht gern. Nun wohnt der Kater bei Immobilienmakler Günter Bauer in der Nähe vom Landsberg und „ist immer noch nicht der große Schmuser“. Wohnungskater will er auch nicht sein, „der zerlegt die Bude, wenn er nicht raus kann“. Man sieht: Nicht jede Katze hat den ihrer Rasse zugeschriebenen Charakter. Davon ist auch Katzenexpertin Jutta Aurahs überzeugt. „Bei sehr vielen Rassen gibt es charakterstarke Einzeltiere, wo Mensch und Tier eben zusammenpassen müssen. Pflegeleicht sind Britisch Kurzhaar nur von der Fellpflege, aber das sind eigentlich alle Kurzhaar-Rassen. Sie sind ruhiger als z.B. Siamkatzen, die ständig ,quasseln‘, und weniger temperamentvoll als z.B. Abessinier oder Bengal. Aber ich würde sie nicht als sanftmütig und immer freundlich einstufen. Ich kenne ein paar Briten, die ausgesprochen dickköpfig und dominant auch gegenüber Menschen sind. Und Katzenkinder sind bei allen Rassen eigentlich nur ständig explodierende Wundertüten, selbst bei dem Prototyp des Phlegmas, der Perserkatze.“ Was Britisch Kurzhaar sind: Wunderhübsch, das runde Gesicht spricht natürlich das Kindchenschema an. Die Rasse entstand, als vermutlich bereits die Römer Katzen mit nach Großbritannien brachten. Über Jahrhunderte waren die britischen Hauskatzen auf den Inseln weitgehend isoliert. Erst Mitte des 19. Jhs. züchtete man gezielt auf Farbe und Typ. 1871 wurden in England die ersten Katzen der Rasse British Shorthair ausgestellt. Nach den Kriegen gab es wenige Rassekatzen, einige Züchter versuchten, die Rasse durch Kreuzen neu zu beleben. Nach einigen gescheiterten Versuchen mit „Normalo-Hauskatzen“, nahm man Perserkatzen. Weitere Kreuzungen fanden mit der Kartäuserkatze statt. Und wie das dann oft ist, wenn es um menschliche Empfindlichkeiten geht, begann ein „Krieg“ zu toben. Kartäuserkatzen (Chartreux) und die Britisch Kurzhaar wurden 1970 vom Zuchtverband FIFe zusammengefasst. Alle blauen Katzen wurden danach als Kartäuser, alle Katzen anderer Farben als Britisch Kurzhaar geführt. Es gab eine Welle von Protesten, die Züchter der ursprünglichen Kartäuser wollten ihre Rasse zurück! Die blaue Britisch Kurzhaar ist heute nur farblich dem Kartäuser ähnlich. Sie ist im Körperbau massiver, kurz und gedrungener als der echte Kartäuser, der höher und schmaler ist. In den 1980er-Jahren spalteten sich dann noch die Europäisch Kurzhaar von der Britisch Kurzhaar ab…. Carlo entspricht dem Rassestandard – und ist doch speziell: „Carlo fängt sehr gut und apportiert den Ball.“ Was er auch macht: Er fährt leidenschaftlich gerne Auto. Geht Herrchen zu selbigen, will er mit. Stellt die Pfoten aufs Armaturenbrett und betrachtet die Welt. Natürlich dürfte man Katzen so nicht transportieren, aber wer wollte Carlo einen Wunsch ausschlagen?

Artikel 5 von 8