Die Vielfalt der Natur ist akut gefährdet. Global wie in der Region. Lebensräume verschwinden in beängstigender Geschwindigkeit und die wenigen Reste verinseln. Schuld ist nicht der einzelne Landwirt, ist nicht nur der Klimawandel – es geht um einen Prozess und auch darum, dass Arten kommen und gehen, und der Mensch das nur bedingt verstehen kann. Die Beutelmeise kam vor rund 40 Jahren aus dem Osten und ist wieder verschwunden. Die Türkentaube ist erst 1940 zugewandert – und gekommen, um zu bleiben. Der Kamingimpel überwintert in Indien, etabliert sich aber sommers im Alpenvorland und in der Rhön – er mag es feucht und braucht eine Landschaft mit Gebüsch wie zum Beispiel im Murnauer Moos. Neue Lebensräume zu erschließen, gehört zur Evolution. Der rote Milan hat sich am Alpenrand etabliert, ihm kommt der Klimawandel zugute und die dortige Grünlandwirtschaft. Es ist immer irgendwo gemäht, wo er dann auf Mäuse herabstoßen kann. Leider aber sind positive Beispiele nach wie vor rar. Wo es sie gibt, ist das immer eine Geschichte von Artenschutzprogrammen und engagierten Ehrenamtlern.
. Die Wiesenweihe
Die Wiesenweihe müsste „eigentlich längst Getreideweihe heißen“, sagt Hans-Joachim Fünfstück vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). „Sie brütet nicht mehr in Wiesen, sondern nur noch in Getreidefeldern wie z. B. in Unterfranken, wo sie optimalen Schutz finden.“ Wiesen werden viel zu oft gemäht, im Getreide ist Ruhe. Viele Ehrenamtler suchen die Nester, ein Beauftragter geht zum betroffenen Landwirt, bittet ihn, diesen Bereich auszusparen, später zu dreschen. Dafür gibt’s Ausgleichszahlungen. „Wiesenweihen aus Bayern brüten nun auch anderswo, das sieht man an markierten Tieren. Aber diese Erfolgsgeschichte geht nur übers Artenhilfsprogramm, anders gesagt: Die Wiesenweihe hängt am Tropf.“ > www.lfu.bayern.de/natur/ sap/arteninformationen/steckbrief/zeige?stbname= Circus+pygargus
. Der Wanderfalke
Der Wanderfalke hat sicher vom Verbot von DDT profitiert, Aber auch von der Bewachung der Horste. Naturschützer haben sehr intensiv gearbeitet, u. a. gibt es für Kletterer ein Konzept, dass Wände, wo Wanderfalken brüten, gesperrt werden. Neue Nistplätze an Kirchtürmen sind sozusagen die Flucht nach vorne: Wo man dann das Geschehen über eine Webcam verfolgen kann, nimmt man viele Menschen mit. Man kann nur den schützen, den man kennt, wo man mitleidet: So anstrengend ist die Aufzucht der Brut! Zudem sind auch Falkner mit dabei. Es werden keine Vögel mehr aus der Natur gefangen, man züchtet selber nach. Ein Prozess, der dazu geführt hat, dass der Wanderfalke von der Roten Liste abgewandert ist. > www.lbv.de/ratgeber/ naturwissen/tier-webcams/wanderfalken-webcam
. Der Weißstorch
Störche sah man lange Zeit keine mehr. In Frankreich und der Schweiz war der Storch ausgestorben. Für eine Neuansiedlung wurden Vögel aus Marokko geholt, drei Jahre eingesperrt und dann hatten sie keinen Zugtrieb mehr. Im Elsass gab es die meisten Aufzuchtstationen. Und wenn die Urväter und -mütter keinen Zugtrieb haben, haben die Jungen ihn meist auch nicht. Diese „Zugfaulheit“ scheint sich dominant zu vererben, zumindest gibt es eine Tendenz, dass Jungvögel solcher Eltern zwei, drei Jahre ziehen und dann doch zum Standvogel werden.
Aber auch bei den Ziehern: Der Storch hat sein Verhalten verändert, er hat gelernt, dass er nicht mehr übers Meer und die Wüste muss, dass es auch reicht, in Südspanien oder Frankreich zu überwintern. Doch es gibt eine Zugscheide: Tiere, die östlich der Elbe geboren sind, ziehen über den Bosporus, die westlich geborenen über Gibraltar. Und die Ostzieher nehmen rapide ab. „Sie schaffen es kaum noch bis Afrika“, weiß Fünfstück. „Im Libanon ergeht es ihnen übel, hier werden jährlich zig Tausende aus Spaß geschossen. Nicht nur in Ägypten stehen Netze zum Vogelfang, sondern auch in Zypern oder Malta!“ > www.lbv.de/naturschutz /artenschutz/voegel/ weissstorch/storchenkarte