Das Wichtigste zur Auffrischungsimpfung

von Redaktion

Wer sie bekommen kann, welche Risiken es gibt und was Ärzte und Wissenschaftler raten

München – Was für ein Expertenkrach: Während die einen zu einer Auffrischungsimpfung raten, halten andere diese für überflüssig. Wer kann diese Booster-Impfung verlangen, worauf sollte man achten, welche Risiken bestehen und wo bekommt man die dritte Spritze? Wir klären die wichtigen Fragen:

Wer kann die dritte Impfung bekommen und ab wann?

„Frühestens sechs Monate nach der zweiten Impfung“, stellt Dr. Karlheinz Zeilberger, Internist und Sportmediziner aus München, klar. Bekommen kann die Booster-Impfung jeder. Die Corona-Impfverordnung enthält einen Anspruch auf Auffrischimpfungen ohne Beschränkung auf bestimmte Gruppierungen. Ausdrücklich genannt sind unter anderem Hochbetagte, Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben und Personen, die eine vollständige Impfserie mit Vektor-Impfstoffen von Astrazeneca oder Johnson&Johnson bzw. nach einer Genesung von Covid-19 mit einem dieser Vektor-Impfstoffe erhalten haben. Am 6. September erweiterte die Gesundheitsministerkonferenz den Personenkreis auf generell über 60-jährige Personen. Der Haken ist: Bislang gibt es keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko).

Wer haftet bei der Drittimpfung?

Das Problem: Kein Impfstoff hat bislang eine Zulassung für die Auffrischung. So ist diese genau genommen ein sogenannter Off-Label-Use, also der zulassungsüberschreitende Einsatz eines Arzneimittels. „Das ist eine unbefriedigende Rechtslage, denn zwar ist den Ärzten so eine zulassungsüberschreitende Anwendung erlaubt, aber eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Off-Label-Use nur in Ausnahmefällen“, gibt Dr. Zeilberger zu bedenken. Vordrucke für die Abrechnung bei den Kassen fehlen den Ärzten noch. Zudem haftet der Hersteller grundsätzlich nur dann, wenn ein Arzneimittel zulassungsgemäß eingesetzt wird – und das ist beim Off-Label-Use ja genau nicht der Fall.

Ist eine dritte Impfung ratsam?

„Hier sind sich die Experten uneinig – ich empfehle eine Drittimpfung dann, wenn sich die Schutzwirkung durch sie verbessert“, sagt Dr. Zeilberger. Denn bei jedem Impfstoff lasse die Schutzwirkung mit der Zeit nach – aber inwieweit dies für die Covid-Impfstoffe gilt, sei noch unklar. Zudem gibt es ja derzeit keinen speziell als Auffrischungsimpfung entwickelten Impfstoff, so wie etwa bei Grippe-Impfungen. Apropos Grippe: Dr. Zeilberger empfiehlt, sich bei der Auffrischungsimpfung gleich auch gegen Grippe mit impfen zu lassen. Nur ist momentan noch kein Grippe-Impfstoff ausgeliefert, obwohl dies normalerweise zeitgleich mit dem Wiesnanstich passiert.

Dämmt eine breite Drittimpfung die Pandemie ein?

Nein, mit einer flächendeckenden Drittimpfung ist dieses Ziel nicht zu erreichen, sagt ein Team von Forschern, das für das renommierte Medizin-Blatt „The Lancet“ die vorliegenden Studien gesichtet hat: Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass Ungeimpfte die Treiber der Pandemie sind – und dass eine flächendeckende Auffrischungsimpfung an sich nicht nötig ist. Denn gegen schwere Covid-Verläufe schützen die derzeit zugelassenen Impfstoffe im Schnitt zu 95 Prozent – bei der Alpha- und auch der gefürchteten neueren Delta-Variante. Gegen Infektionen aller Art besteht ein Schutz von über 80 Prozent. Ungeimpfte haben das höchste Risiko für schwere Verläufe. Solange es keine eindeutige Empfehlung gibt, wer wann eine dritte Impfung erhalten soll, bleibt es eine Einzelfallentscheidung, stellt Dr. Zeilberger klar. Wichtiger sei, dass sich möglichst viele Menschen grundimmunisieren lassen.

Muss man sich sorgen, wenn die Antikörper zurückgehen?

Nein, sagen die Forscher im „The Lancet“. Denn auch bei einem Schwinden der Antikörper böten die Memory-Zellen und die zellvermittelte Immunität langlebigen Schutz. Dennoch kann es sinnvoll sein, den Antikörperwert bestimmen zu lassen, meint Dr. Zeilberger. Doch das ist keine Kassenleistung und muss vom Patienten selbst bezahlt werden.

Wo bekommt man die Drittimpfung und welche Nachweise muss man mitbringen?

Den Impfpass und die Einverständniserklärung mit Aufklärungsbogen. Das bayerische Gesundheitsministerium erklärt auf Anfrage, dass in Pflegeeinrichtungen mobile Impfteams impfen, aber auch die dort behandelnden Ärzte Auffrischungsimpfungen geben dürfen. Wer nicht in einem Pflegeheim lebt, soll laut Ministerium vorrangig seinen behandelnden Arzt fragen, da dieser den Patienten kennt und die medizinische Notwendigkeit am besten einschätzen kann. Aber auch in den Impfzentren sei eine Drittimpfung ohne Terminvergabe möglich, wenn nach der ersten Impfserie mindestens sechs Monate vergangen sind. Ab 1. Oktober sollen vorrangig die Hausärzte und nicht mehr die Impfzentren zuständig sein – Letztere bleiben aber „mit angepasster und reduzierter Kapazität bis zum 30.04.2022“ geöffnet, schreibt das Gesundheitsministerium.

Welche Impfstoffe werden bei der Drittimpfung verwendet?

Bei den mRNA-Impfstoffen die der Hersteller Biontech und Moderna, bei den Hausärzten im Moment nur Biontech. Was gilt für Personen, die mit dem Impfstoff Janssen (von Johnson & Johnson) geimpft wurden? Patienten, die mit einem Vektorimpfstoff erstgeimpft wurden, also etwa mit dem von Johnson & Johnson, sollen eine Booster-Impfung machen. Wenn sie dann einen mRNA-Impfstoff verwenden, wird dies nach Ansicht vieler Virologen den Impfschutz noch deutlich verstärken. Umgekehrt werden Vektorimpfstoffe wegen stärkerer Nebenwirkungen nicht als Drittimpfung verwendet.

Artikel 3 von 4