Der Selbstversuch in der Apotheke

von Redaktion

München – Viele machen einen Antikörpertest und hoffen, mit diesem zu erfahren, ob es schon angezeigt ist, sich die dritte Spritze zur Auffrischung der Covid-19-Impfung verpassen zu lassen. Redakteurin Susanne Sasse testete für unsere Zeitung, wie hoch bei ihr der sogenannte Titerwert ist. Sie ging dazu in die Asam-Apotheke an der Sendlingerstraße in der Münchner Innenstadt. Eine der wenigen Apotheken, die diese Antikörpertests inzwischen anbieten – ansonsten kann man sie beim Arzt oder in den meisten Testzentren machen lassen. Aber wie zuverlässig sind die Ergebnisse, und wie lassen sie sich deuten?

„Wir haben die Maschine zur Titerwertbestimmung seit Anfang November und in der ersten Woche zu Probezwecken die ganze Verwandtschaft und Belegschaft durchgetestet“, erzählt Erdem Haslreiter-Yilmaz, Chef der Asam-Apotheke. „Es hat sich gezeigt, dass die Maschine sehr gut funktioniert und die Antikörperwerte bei uns allen sehr unterschiedlich hoch waren“, resümiert der 62-Jährige. Besonders auffällig war der Titerwert seiner 16-jährigen Tochter, die im April eine Corona-Infektion durchgemacht hatte. Die Jugendliche hatte nach ihrer ersten Impfung nun einen Titerwert von 2876 BAU/ml. „Das ist sehr hoch, zumeist haben wir ganz andere Ergebnisse, der durchschnittliche Wert aller bei uns getesteten liegt unter 200“, sagt Erdem Haslreiter-Yilmaz. Die besten Ergebnisse hätten die Menschen, die doppelt geimpft sind und sich danach dennoch mit Covid-19 infizierten. Gemessen wir die Konzentration neutralisierender Antikörper (Nab) in einem Tropfen Blut, angeben wird der Wert in BAU (englisch, BAU = binding antibody units).

So wie auch Medizin-Reporterin Susanne Sasse: Sie ist doppelt geimpft mit dem Impfstoff von Pfizer-Biontech, die Impfungen fanden statt am 26. April und am 7. Juni – und Ende September steckte sie sich trotzdem mit Corona an, da ihre Tochter im Grundschulalter erkrankt war. Der Impfdurchbruch war nicht schlimm, aber deutlich spürbar – ein heftiger Schnupfen, vier Tage lang ein Gefühl von Abgeschlagenheit und der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns für einige Tage. Die anderen, ebenfalls geimpften Familienmitglieder steckten sich übrigens nicht an. Die Reporterin war froh, geimpft gewesen zu sein – ansonsten wäre die Erkrankung höchstwahrscheinlich deutlich heftiger ausgefallen.

Um so spannender war es, was für ein Titerwert herauskommen würde: Die Werte sind laut dem Freiburger Hersteller Concile der Antikörper-Testmaschine in der Apotheke folgendermaßen auszulegen:

. unter 50 BAU/ml: keine Immunität

. zwischen 50 und 250 BAU/ml: niedrige Immunität

. zwischen 250 und 500 BAU/ml: mittlere Immunität

. über 500 BAU/ml: hohe Immunität

Schon im Vorgespräch mit der Apotheken-Mitarbeiterin Anne Hegener ergab sich, dass der Wert der Reporterin wohl hoch sein würde. Und so war es dann auch, als sie nach 15 Minuten ihr Ergebnis in Händen hielt: Darauf stand ein Wert von 1071 BAU/ml. Dies ist hoch.

„Achtung, das muss nicht so bleiben, meist sinken diese Werte schnell wieder ab“, sagt Apotheker Haslreiter-Yilmaz. Vielen Geimpften sei das nicht klar, aber er rate jedem, sich gemäß den Empfehlungen der Stiko nach fünf beziehungsweise sechs Monaten die Auffrischungsimpfung geben zu lassen. „Die Antiköpertests sind gut, um Menschen vor Augen zu führen, wie wirksam das Boostern ist, denn nach der dritten Spritze schnellt der Antikörperwert sofort wieder nach oben“, sagt er.

Übrigens: Auch Impfgegner haben sich schon bei ihm auf Antikörper testen lassen – in der Hoffnung, dass sich was finde und sie also unbemerkt eine Covid-Infektion durchgemacht hatten. Dem aber war nicht so, der Titerwert lag bei Null. „Ich habe ihnen klar gesagt, dass sie völlig ungeschützt sind und ihnen dringend angeraten, sich impfen zu lassen“, sagt der Apotheker.  svs

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