Wenige Tage vor Jahresende trifft die frohe Botschaft ein: Die bayerische Staatsregierung hat die Sperrstunde zu Silvester aufgehoben. Andreas Till freut sich: „Mehr Zeit für unsere Gäste.“ Bei einer Schließung um 22 Uhr wäre es „doch recht knapp geworden, aber wir hätten es geschafft. Den Gästen zuliebe.“
Die eigenen Bedürfnisse hintenanstellen, diese Charaktereigenschaft hat er sich von seinem Großvater Andor Till in Ungarn abgeschaut. Der Großvater stand als Donauschwabe unter dem Pseudonym Tihany II auf dem Fußballplatz und unterlag 1954 mit seiner Mannschaft dem deutschen Team. Beim sogenannten Wunder von Bern. Der Endspielgegner der Deutschen, Ungarn, galt damals als weltbeste Mannschaft.
Die Stars von damals waren aber noch nicht so gut bezahlt wie heute. Wieder Zu Hause in Ungarn nähte… Pullover, für den Lebensunterhalt und um sich mit Freunden zu treffen und diese auf ein Glas einladen zu können. „Das waren für mich als Kind die schönsten Stunden“, erzählt Andreas Till. Der Enkel durfte mit und bekam ein Eis.
Das Geben und anderen eine Freude machen ist sein Credo: Schon während der Schulzeit stand für Andreas Till fest, dass er Barkeeper werden wollte. Mit 15 mixte er seinen Eltern zu Hause im Münchner Stadtteil Giesing Drinks, er selbst probierte den ersten Schluck Alkohol erst mit 18 Jahren. An der elterlichen Bar. Der Campari war zimmerwarm und schmeckte scheußlich.
Andreas Till sollte im Lauf der Jahre seine Meinung ändern. Das italienische Getränk ist heute sein Lieblings-Drink – zusammen mit Champagner. „Campari Seltz“ – Campari mit Sodawasser, das mithilfe einer Leitung eisgekühlt in die Gläser sprudelt, heißt Tills Favorit.
Doch der Reihe nach: Nach dem Abitur bewarb sich Andreas Till im Juleps, damals eine der angesagtesten Bars in München. Der Betreiber hatte zwar keinen Bedarf, stellte Andreas Till aber doch ein – zum Putzen der Bar. Das war zwar nicht sein Traum, „aber ich lernte das Bargeschäft von der Basis aus“. Als er eines Abends völlig überraschend für einen Barkeeper einspringen sollte, ging alles sehr schnell. Drei Monate später war er der Barchef, kurze Zeit später übernahm er auch schon das Pacific Times. Das war 1997 und Andreas Till gerade mal 26 Jahre alt. Seitdem steht das Pacific Times für Leidenschaft. Für Getränke, Speisen und Gäste glücklich machen zu wollen. Daran hat auch Corona nichts geändert.
Anders als viele seiner Kollegen hat Andreas Till kein Problem, Personal zu finden oder zu halten. Sein Team arbeitet seit Jahren zusammen, hier arbeiten nur Profis, keine Aushilfen, das ist Andreas Till wichtig.
„Corona hat uns noch mehr zusammengeschweißt.“ Man habe zusammen „Cocktails to go“ verkauft, als es möglich war. Und sich über den Einsatz des Sondereinsatzkommandos gewundert, „das plötzlich anrückte und eine Handvoll Gäste auseinandertrieb wie Straftäter, obwohl sie Abstand hielten“. Andreas Till schüttel über diese Unverhältnismäßigkeit nur den Kopf. 2022 wird da hoffentlich besser, sagt er. Das Wichtigste aber sei die Gesundheit und dass man die kleinen Dinge genieße. So ein Moment soll der Silvesterabend im Pacific Times auch heuer sein.
„Ein großes Glück“ ist für ihn, dass sein Vorbild Charles Schumann seine Bar nicht weit entfernt hat. Es habe gedauert, bis sich der junge Mann erstmals ins Schumann’s traute. Heute sagt er stolz: „Mittlerweile kennen wir uns seit fast 30 Jahren.“ Es sei ein „Geschenk, denn die meisten kriegen ihre Idole niemals zu greifen“. Das Pacific Times befindet sich an der Baaderstraße 28 in München. Coronabedingt derzeit geöffnet Dienstag bis Samstag von 17 bis 22 Uhr. Winterpause von 1. bis 11. Januar.