Microsoft kauft für 68,7 Milliarden Dollar (60,5 Milliarden Euro) Activision Blizzard aus den USA, einen der weltweit führenden Spielehersteller. Damit gehören Top-Marken wie „Diablo“, „Call of Duty“, „World of Warcraft“ oder auch der Smartphone-Zeitfresser „Candy Crush“ künftig zum Microsoft-Imperium. Die Kartellbehörden müssen zwar noch zustimmen. Doch eine Genehmigung, womöglich mit einigen Auflagen, gilt als wahrscheinlich.
Spiele im Abo
Microsofts Abonnement „Xbox Game Pass“ für aktuell 12,99 Euro im Monat, eine Art „Netflix für Spiele“, dürfte damit noch wesentlich interessanter und erfolgreicher werden. 25 Millionen Kunden sind bereits an Bord. Sie können im Abo die neuesten Spiele auf Xbox, PC und Android-Handys zocken – ohne sie für 60 Euro oder mehr kaufen zu müssen. Solche Abonnements nach dem Vorbild von Netflix dürften künftig das Spielen dominieren.
Verlierer Sony
Während Nintendo mit Marken wie „Mario“ oder „Zelda“ relativ unabhängig von externen Entwicklern ist, muss sich Sony große Sorgen machen. Die Japaner fürchten zu Recht, dass Microsoft Top-Spiele wie „Call of Duty“ nach dem Ende der aktuell noch laufenden Verträge nicht mehr auf die PlayStation 5 bringt. Die seit ihrem Start Ende 2020 chronisch ausverkaufte Parade-Konsole könnte damit viel von ihrem Ruf als erste Wahl für Spiele-Fans einbüßen. Zudem hat Sony bisher kein zugkräftiges Abo im Portfolio. Die aktuellen Angebote „PlayStation Now“ und „PlayStation Plus“ sind verwirrend und wesentlich weniger attraktiv als der „Xbox Game Pass“. Hier muss der Noch-Marktführer schnell reagieren. Weil das Ende der PlayStation-Dominanz droht, stürzte die Sony-Aktie nach Bekanntwerden des Activision-Verkaufs ab.
Konsolen zweitrangig
Während sich in den letzten 20 Jahren Sony, Nintendo und Microsoft mit immer stärkeren Konsolen Konkurrenz machten, spielt die Hardware künftig kaum mehr eine Rolle. In Zeiten, in denen Fernseher oder Smartphones bald ohne jede Konsole Top-Spiele direkt aus dem Netz streamen können, geht es nur mehr um Marken und Inhalte. Hier ist Microsoft künftig bestens aufgestellt. Eine noch stärkere PlayStation 6 wird es in dieser Form kaum mehr geben. Denn die hohe Leistung wird künftig schlicht nicht mehr gebraucht.
Mobiles Spielen
Das Zocken mit Smartphone und Tablet wird endgültig zur wichtigsten Spiele-Plattform. Microsoft will seine Top-Titel künftig auch auf mobile Geräte bringen. Sony hat ebenfalls bereits solche Pläne angekündigt. Das große Geld ist künftig mit Apps zu holen – und vor allem mit den umstrittenen Zusatzkäufen innerhalb von Spielen.
Angriff auf Facebook
Microsoft bedroht vor allem auch die Pläne von Facebook/Meta-Chef Mark Zuckerberg für ein „Metaversum“ – also für eine virtuelle 3D-Welt, in der die Menschen künftig herumgeistern sollen. Denn die Online-Spiele, mit denen Microsoft die Branche dominieren will, bieten schon heute Landschaften mit frei begehbaren, offenen Welten – die sich problemlos zu einem Metaversum mit Einkaufsmöglichkeiten und Werbung ausbauen lassen. Im Gegensatz zu Facebook hat Microsoft hierfür bereits die Technik und die zugkräftigen Marken zur Hand.
Fazit
Spiele im 12,99-Euro-Abo, statt sie für 60, 70 Euro zu kaufen – das klingt zunächst einmal nicht schlecht. Und wenn künftig der Fernseher Spiele in Top-Qualität einfach streamt, auch ohne die 500-Euro-PlayStation darunter, sind das spannende Aussichten. Doch die Schattenseiten liegen auf der Hand. Denn beim Lockvogelangebot von 12,99 Euro wird es nicht bleiben – siehe die jüngste Preisexplosion beim Sportsender DAZN. Wenn die Preise steigen und wenn Sony oder Nintendo ebenfalls Abos wie den „Xbox Game Pass“ bringen, kann das Zocken schnell 60, 70 Euro und mehr pro Monat kosten – so wie heute der Fernseh-Fußball. Und Spiele-Apps, bei denen jeder einzelne Zusatzinhalt extra Geld kostet, nerven und werden schnell zur Taschengeldfalle. Die neue Spiele-Welt hat nichts mehr mit harmlosem „Mario“-Daddeln zu tun. Es geht um Milliarden Euro, um Nutzerdaten, um Abos, um Werbung – und allenfalls noch am Rande um Spielspaß. Hier spielen die Hersteller mit dem Feuer.