Engpass bei Krebsmedikament: Patienten sind in großer Sorge

von Redaktion

VON DORITA PLANGE

München – Die ersten Anzeichen mehrten sich bereits Ende des Jahres. Jetzt ist es Fakt: Weil ein Wirkstoffhersteller die Produktion des Krebsmedikamentes Tamoxifen eingestellt hat, kommt es derzeit zu Engpässen bei diesem wichtigen Medikament. Für Betroffene bedeutet dies: Sie bekommen ihr gewohntes Medikament oft nicht mehr. Wenn es gut läuft, können sie auf ähnliche Produkte (Generika) anderer Hersteller zurückgreifen. Im schlimmsten Fall gehen Krebspatientinnen wie Angelika Ahn (siehe Bericht unten) in ihrer Apotheke plötzlich leer aus.

Über den Engpass berichteten inzwischen mehrere Fachgesellschaften. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) teilte mit, dass seit Januar 2022 bei Tamoxifen-Präparaten mehrerer Firmen „nahezu vollumfänglich ein Lieferengpass“ bestehe. Es gehe zum jetzigen Zeitpunkt um rund 85 Prozent des Marktes. Bis zu 130 000 Frauen und Männer in Deutschland könnten von dem Engpass betroffen sein.

Derzeit seien Lieferengpässe bei Tamoxifen von den Herstellern Hexal, Aliud und Heumann beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet. Diese sollen teilweise bis Ende des laufenden Jahres andauern: „Offenbar hat ein Wirkstoffhersteller die Produktion des Wirkstoffs eingestellt, da sich diese für ihn als nicht mehr wirtschaftlich darstellt“, so die Einschätzung eines Branchenexperten. Generikaunternehmen müssen daher den Wirkstoffzulieferer wechseln. Das jedoch geht natürlich nicht von heute auf morgen. Der Wirkstoffhersteller hat die Unternehmen demnach zum Teil bereits vor einigen Monaten über den Produktionsstopp informiert. Doch Preisangebote anderer Hersteller seien bis zu 60 Prozent höher ausgefallen.

Eine Nachfrage der „Pharmazeutischen Zeitung“ ergab, dass auf dem Großhandelsweg derzeit in der Regel keine Tamoxifen-haltigen Generika mehr zu beschaffen sind. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat mittlerweile reagiert. Der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe habe einstimmig verschiedene Maßnahmen beschlossen. So solle der Import tamoxifenhaltiger Arzneimittel erleichtert werden. Ermittelt werde, ob und welche Arzneimittelkontingente für den deutschen Markt kurzfristig verfügbar gemacht werden könnten, ohne einen Versorgungsmangel in anderen Staaten zu erzeugen.

Auch sollen Ärzte in den kommenden Monaten keine Rezepte auf Vorrat mehr ausstellen. Vielmehr sollten Patientinnen und Patienten erst dann wieder ein Folgerezept erhalten, wenn dies auch wirklich erforderlich ist. Je nach Verfügbarkeit könnten Ärzte auch kleinere Packungsgrößen oder Arzneimittel in geringeren Stärke verordnen.

Artikel 3 von 7