„Corona hat Parkinson verschlimmert“

von Redaktion

Der Spezialist Prof. Ceballos-Baumann erklärt die tückische Krankheit

München – Vor der Diagnose Parkinson haben viele Patienten eine Odyssee hinter sich. Anlässlich des Welt-Parkinsontages am kommenden Montag erklärt Professor Andres Ceballos-Baumann, Chefarzt der Parkinson-Fachklinik der Schön-Klinik München-Schwabing, wie sich die tückische Krankheit bemerkbar macht und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Kündigt sich die Krankheit Parkinson an und weiß man, was sie verursacht?

Die Ursache ist weitgehend unbekannt, es, gibt viele Faktoren, auch genetische spielen eine Rolle, aber Parkinson ist keine Erbkrankheit. Die Häufigkeit nimmt weltweit zu, es gibt einen Zusammenhang mit schneller Industrialisierung, das legt das Beispiel China nahe. Was wir wissen, ist, dass es zu einer Schädigung der Nervenzellen kommt. Vor allem in der sogenannten Substantia nigra, der schwarzen Substanz im Gehirn. Dort wird der meiste Nervenüberträgerstoff Dopamin produziert und da kommt es dann zu Eiweißverklumpungen von Proteinen, darunter das sogenannten a-Synuklein, und dadurch gehen die Dopamin-produzierenden Zellen zugrunde.

Wie verläuft die Krankheit?

Es ist eine sehr komplexe chronische Krankheit, die sehr langsam fortschreitet. Es beginnt schleichend. Es gibt auch Anzeichen vor dem Ausbruch, zum Beispiel Verstopfung, Depression, abnehmende Fähigkeit zu riechen und einseitige Schulterschmerzen, die kommen und gehen. Später treten die Kardinalsymptome auf, an denen man Parkinson dann diagnostisch erkennt. Es kommt zu einer Bewegungsverarmung, die Bewegungen werden kleiner und langsamer. Das kann anfangen im Gesicht mit einem Verlust an Ausdrucksmöglichkeiten, der Lidschluss wird seltener, die Stimme leiser, die Betroffenen sprechen langsamer. Die Schluckfrequenz nimmt ab, deswegen kann es zu Speichelfluss kommen. Die Gestik und Mimik werden weniger lebhaft, Das Armpendeln beim Gehen, ein Teil der unbewussten Spontanmotorik, wird einseitig weniger. Auch können die Schritte kleiner werden, ebenso die Schrift, es gibt Schwierigkeiten beim Zuknöpfen von Kleidung. Die Anzeichen sind sehr verschieden. Wenn früh ein Ruhe-Tremor, also ein Muskelzittern ikn Entspannung an einer Hand auftritt, wird die Diagnose schnell gestellt. Ohne den typischen Ruhetremor haben viele Betroffene eine Odyssee hinter sich, waren etwa wegen Schulterschmerzen beim Orthopäden.

Kann man einer Parkinson-Erkrankung vorbeugen oder sie sogar heilen?

Körperliche Aktivität wirkt präventiv. Studien zeigen, dass sechs Stunden Bewegung pro Woche das Erkrankungsrisiko um 45 Prozent reduzieren. Heilen kann man die Krankheit bislang nicht, aber die Betroffenen sollten den Mut nicht verlieren, es wird sehr viel geforscht. Bislang konnte man nur die Symptome behandeln, jetzt laufen Studien, um mit Medikamenten tatsächlich einzugreifen und die Ursache zu bekämpfen. Zum einen wird daran geforscht, die Verklumpung, die Aggregation, des vorgenannten Eiseweißes. das a-Synuklein in den Nervenzellen, zu verhindern. Außerdem wird an passiven Impfungen gearbeitet, die Antikörper sollen das a-Synuklein sozuidagen neutralisieren. Eine österreichische Firma arbeitet schon Jahre an einer aktiven Impfung gegen das. a-Synuklein. Ich betone, das sind derzeit noch Studien.

Wie wird Parkinson derzeit behandelt?

Bewegung und Aktivierung spielen eine große Rolle. Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sind sehr wichtig, da sie die Lebensqualität der Betroffenen sehr stark steigern. Das merken wir auch daran, dass die Menschen zur Zeit der Corona-Pandemie von den Therapien quasi abgekoppelt waren und damit auch ihre Lebensqualität um 50 Prozent abgefallen ist. Auch in unserer Klinik ist der Rückgang spürbar. Vor der Pandemie hatten wir 1600 Patienten, die pro Jahr stationär behandelt wurden. In der Pandemie sank die Zahl auf 1200 Patienten im vergangenen Jahr. Zudem haben wir auch eine Tagesklinik, diese ist sehr beliebt, aber wegen des großen Andrangs gibt es Wartezeiten. Kurz noch zu den medikamentösen Therapien: Die Dopaminersatztherapie ist der wichtigste Baustein. Sie wird immer weiter verfeinert. Auch die Tiefe Hirnstimulation ist ein wichtiger Bestandteil für ausgewählte Patienten.

Interview: Susanne Sasse

Lesen Sie am Montag: Die neuesten Therapien gegen Parkinson

Artikel 2 von 7