München – Im Uniklinikum rechts der Isar werden jedes Jahr etwa 1000 künstliche Hüft- und Kniegelenke sowie über 150 Schulterprothesen eingesetzt. Die Mediziner sind auch auf schwierige Wechseloperationen sowie auf Eingriffe bei Risikopatienten etwa mit Adipositas, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen spezialisiert. In unserer Zeitung erklärt der Chef der Orthopädischen Klinik und Leiter des Endoprothesen-Zentrums, Professor Rüdiger von Eisenhart-Rothe, worauf es beim Gelenkersatz ankommt.
Hohe Erfolgsquote
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO gilt der Hüftgelenkersatz nach der Augen-Hornhauttransplantation als zweiterfolgreichste Behandlung in der Medizin. Über 90 Prozent der Patienten sind mit ihrem OP-Ergebnis zufrieden. „Sie haben deutlich weniger Schmerzen und wieder mehr Funktion und Lebensqualität“, weiß von Eisenhart-Rothe. Die Erfolgsquoten für Knie- und Schulterprothesen kommen nicht ganz an den Hüft-Wert heran, liegen aber zwischen 80 und 90 Prozent.
Geringe Komplikationsrate
In den Händen eines erfahrenen Operateurs gilt der Hüftgelenkersatz als Routineeingriff. Ernste Komplikationen sind sehr selten. Dazu zählt ein Protheseninfekt wie bei Hermann Pletzenauer. Er kann sich auch noch Jahre nach der OP entwickeln. Hintergrund: Auf den Implantaten kann sich ein sogenannter Biofilm bilden, der Keimen als idealer Nährboden dient. „Das Infektrisiko in der Primärendoprothetik – nach dem ersten Einsetzen des Kunstgelenks – schwankt je nach Klinik und Patient zwischen einem und 2,5 Prozent“, berichtet von Eisenhart-Rothe.
Wichtige Sicherheitsstandards
In guten Häusern wird das Infektrisiko bereits vor der OP minimiert – mit einer sogenannten präoperativen Dekolonisation. „Der Patient bekommt am Tag vor der OP einen speziellen Waschlappen. Damit muss er sich von Kopf bis Fuß gründlich reinigen. So soll verhindert werden, dass später Keime von der Haut in die OP-Wunde gelangen“, erklärt der Gelenkersatz-Spezialist. Wichtig ist zudem ein Screening auf Klinikkeime. Dabei sollen MRSA-Bakterien rechtzeitig enttarnt werden, die schwer zu behandeln sind.
Fallzahlen des Operateurs
Übung macht den Meister – das gilt auch beim Gelenkersatz. Studien zufolge sinkt die Komplikationsrate, wenn sowohl vom Chirurgen selbst als auch in der Klinik mehr als 50, besser 100 Gelenkersatz-Operationen pro Jahr durchgeführt werden. „Trauen Sie sich, nach den Fallzahlen zu fragen. Ein souveräner Arzt wird Ihnen gerne antworten“, sagt von Eisenhart-Rothe.
Klinik-Check vor allem bei Vorerkrankungen
Vor allem Risikopatienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes oder Herzleiden sollten sich in einer sogenannten Klinik der Maximalversorgung operieren lassen. Dort sind notfalls Experten aller Fachabteilungen schnell verfügbar. Achten Sie besonders darauf, dass neben einer modernen Intensivstation z. B. auch eine Kardiologie oder eine Abteilung für Nierenerkrankungen (Nephrologie) vorhanden sind.
Der richtige Zeitpunkt für die Operation
Eine Gelenkersatz-Operation ist in den allermeisten Fällen kein Notfall, Mediziner sprechen von einem „elektiven Eingriff“. Wann er nötig ist, kann nur der Patient selbst entscheiden. Grundlage ist der Fakt, dass sich starke Arthrose nicht heilen lässt. Deshalb gilt es, nüchtern abzuwägen: Kommt man im Alltag noch zurecht, oder sind die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen trotz konservativer Therapie bereits so stark, dass der Wunsch nach mehr Lebensqualität größer ist als die Angst vor der OP? „Ich würde mich auch nicht gerne unters Messer legen“, räumt von Eisenhart-Rothe ein. „Auf der anderen Seite geht es ja auch darum, wieder Lebensqualität zurückzugewinnen. Bei Kontrollen nach der OP sagen mir immer wieder Patienten: Wenn sie gewusst hätten, wie gut sie mit ihrer Prothese zurechtkommen, hätten sie sich früher operieren lassen.“
ANDREAS BEEZ