Hightech-Linsen gegen den Grauen Star

von Redaktion

Was sie leisten, was sie kosten: Augen-Spezialist erklärt die Eigenschaften von sechs Modellen

VON JÖRG SEEWALD

München – Ab etwa 60 Jahren ist es nicht mehr zu leugnen: Die Welt um uns herum wird zunehmend unscharf. Farben verblassen, die Augen reagieren empfindlich auf Blendung – z. B. beim Autofahren in der Nacht. Die Diagnose: Grauer Star. Ein natürlicher Alterungsprozess, bei der die Linse ihre Elastizität verliert und trübe wird. Dagegen hilft nur noch die sogenannte Katarakt-Operation. Die trübe Linse wird in einem kurzen, meist ambulanten Eingriff entfernt und durch eine neue, individuell auf jedes Patientenauge produzierte Kunstlinse ersetzt. Kleine Hightech-Wunder, die in vielen Fällen ein Leben ganz ohne Brille ermöglichen können. Zudem lassen sich Sehfehler wie Hornhautverkrümmung oder die natürliche Alterssichtigkeit gleich mit korrigieren. Augenchirurg Dr. Christoph Niederdellmann, Leiter der 32 Südblick-Augenzentren in München, Augsburg und dem Allgäu, erklärt die Unterschiede der sechs verschiedenen Linsen:

1. EDOF-Linse

Sie ist der kleine Star unter den Kunstlinsen, eine Fortentwicklung der verschiedenen Multifokallinsen-Typen (siehe unten). EDOF steht für Enhanced Depth of Focus – die erhöhte Tiefenschärfe. Diese Linsen bieten mit neuester Technologie und erweitertem Brennpunkt uneingeschränkte Fernsicht und Unterstützung bis hin zum mittleren Nahbereich. Durch die individuell geformte Oberfläche entsteht ein noch besserer Effekt als bei einer Gleitsichtbrille. „Die Übergänge zwischen Ferne und Zwischenbereich sind deutlich komfortabler“, so Dr. Niederdellmann.

Vorteile: „Bei guten Lichtverhältnissen kann man mit EDOF-Linsen am Computer arbeiten und sich im Alltag weitgehend frei bewegen ohne Brille“, erklärt Dr. Niederdellmann. „Zum Beispiel das Ablesen von Tacho und Navi im Auto funktioniert damit ohne Brille. Und auch das Schminken bzw. Rasieren gelingt damit ohne Missgeschick.“ Im Vergleich zu den Trifokallinsen gebe es bei den EDOF-Linsen auch „keinerlei Streulichteffekte, die zum Beispiel beim Autofahren nachts stören können“. Der Spezialist empfiehlt diese Linse speziell älteren Patienten: „Grundsätzlich kann sich aber nahezu jeder Fehlsichtige diese Linsen implantieren lassen.“

Nachteile: Für Patienten mit Grauem Star übernimmt die Kasse die Grundkosten samt der Standardlinse. Es entstehen aber für die weitere Diagnostik für eine innovative EDOF-Linse Zusatzkosten ab 1200 Euro pro Auge. Wer gar keinen Grauen Star hat, aber dennoch seine Brille loswerden möchte, muss die Grundkosten selbst tragen und rund 6500 Euro Kosten für beide Augen einplanen.

2. Monofokallinse

Die Standardlinse. Monofokallinsen bieten für nur einen Entfernungsbereich ein scharfes Bild. Sie werden daher auch „Ein-Stärken-Linsen“ genannt.

Vorteile: Ermöglichen das Scharfsehen in der Ferne, Sie benötigen dafür keine Sehbrille mehr. Die Kosten übernimmt die Kasse vollständig.

Nachteile: Die Lesebrille für die Nähe bleibt Ihnen erhalten. Eine eventuelle Hornhautverkrümmung wird nicht ausgeglichen. Das Kontrastsehen wird nicht optimiert.

3. Asphärische Blaulichtfilter-Linse

Diese Linse hat neben der asphärischen Optik auch einen Blaulichtfilter.

Vorteile: Diese Linse ermöglicht ein sehr gutes Kontrastsehen, speziell bei schlechten Lichtverhältnissen und eine natürliche Farbwahrnehmung sowie scharfes Sehen im Fernbereich. Und: Sie kann der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD) vorbeugen.

Nachteile: Die Lese- oder Gleitsichtbrille werden Sie dennoch benötigen. Und es entstehen Zusatzkosten.

4. Linse mit torischer Zusatzfunktion

Sollte eine starke Krümmung der Hornhaut (Astigmatismus) zusätzlich zum Grauen Star vorliegen, benötigen Sie eine torische Linse. Diese kann eine Hornhautverkrümmung ausgleichen – ab 1,0 Dioptrien sehr empfohlen.

Vorteile: Diese Linse ermöglicht Patienten mit Hornhautverkrümmung deutlich besseres Sehen als mit einer Standardlinse. Auch scharfes Sehen in der Ferne und besseres Kontrastsehen bei schwachem Licht sind möglich.

Nachteile: Eventuelle Zuzahlung. Die Brille bleibt Ihr Begleiter.

5. Asphärisch bifokale Premiumlinse

Diese Linse ermöglicht mit Einschränkungen das scharfe Sehen in die Ferne sowie zusätzlich und ebenfalls ohne Brille auch das scharfe Sehen im Bereich von 50 bis. 60 Zentimetern.

Vorteil: Diese Linse ist geeignet bei Alterssichtigkeit.

Nachteile: Die Brille bleibt Ihnen als notwendige Unterstützung für den Nahbereich zum Beispiel beim Lesen erhalten. Zudem entstehen auch in diesem Fall wieder Zusatzkosten.

6. Trifokale Linse

Diese Linse ist bei vielen Patienten sehr beliebt, da sie die vollständige Brillenfreiheit im Alltag ermöglicht. Im besten Fall deckt sie den Nah- und Fernbereich sowie den typischen Zwischenbereich (zum Beispiel die Entfernung zum Navi oder dem PC-Bildschirm) ab.

Vorteile: Studien ergaben eine große Patientenzufriedenheit. Auch die Korrektur der Alterssichtigkeit ist damit möglich.

Nachteile: Ihr Gehirn benötigt bis zu vier Monate, um sich an den neuen Seh-Eindruck zu gewöhnen. Für die umfangreiche Diagnostik entstehen Zusatzkosten von etwa 1500 Euro pro Auge.

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