Vorsicht, Giftpflanzen

von Redaktion

Diese elf Gewächse sind gefährlich: Was gegen Bärenklau, Herbstzeitlose und Eibe hilft

VON SUSANNE SASSE

München – Gesunde Kräuter und Beeren pflücken und sich daraus eine gesunde Mahlzeit zu bereiten, das liegt im Trend. „Ich habe das Gefühl, die Menschen waren in der Corona-Zeit weniger auswärts beim Essen und haben mehr selbst gekocht – viele haben den Wunsch, sich ihre Zutaten auch selbst in der Natur zu sammeln“, sagt Dr. Katrin Romanek. Die Fachärztin für Innere Medizin arbeitet seit zwölf Jahren in der Toxikologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) und hat am Giftnotruf unzählige Anfragen beantwortet. Beim dort angesiedelten Giftnotruf (Telefon: 089/192 40) rufen jedes Jahr rund 40000 besorgte Menschen an, die meisten, weil sie befürchten, jemand habe sich vergiftet. In unserer Zeitung erklärt Dr. Romanek, was Eltern, Selbstversorger und Pflanzenfreunde unbedingt beachten müssen, um sich nicht mit Gewächsen zu vergiften und welche Pflanzen die Dauerbrenner beim Giftnotruf sind.

Bärlauchs tödliche Doppelgänger

Er schmeckt ähnlich wie Knoblauch: der Bärlauch. Aber Vorsicht: Die beliebte Pflanze hat einen tödlichen Doppelgänger: die Herbstzeitlose. „Die Herbstzeitlose macht nicht nur ein wenig Bauchschmerzen, sondern sie ist tödlich – anders als bei anderen Giftpflanzen gibt es kein Gegengift, welches bei einer Vergiftung mit Herbstzeitlosen eingesetzt werden kann“, sagt Dr. Katrin Romanek. Und die Gefahr der Verwechslung ist nicht fernliegend – auch wenn es der Name Herbstzeitlose nahelegt, da man denkt, diese Pflanze wächst nur im Herbst. „Eine Kollegin hat vor Kurzem in den Isarauen Fotos gemacht von Herbstzeitlosen, die nur zwei Schritte neben Bärlauch wuchsen“, erzählt Romanek. Werden große Mengen gesammelt, um etwa Bärlauchpesto zuzubereiten, kann es passieren, dass ein paar falsche Blätter dazwischengeraten. Aus einer größeren Menge Bärlauch schmeckt man die tödlichen Herbstzeitlosen auch nicht heraus. Die Vergiftung bemerkt man erst zwei bis sechs Stunden nach dem Verzehr. Jedes Jahr gibt es in München Vergiftungen und durchaus auch Todesfälle wegen Herbstzeitlosen.

Ebenfalls ähnlich sieht dem Bärlauch das giftige Maiglöckchen. Die genauen Unterschiede erkennen Sie auf der Grafik auf unserer Seite.

Goldregen

Der schmucke Goldregen enthält viele giftige Alkaloide, vor allem das stark giftige Cytisin. Es ist in allen Pflanzenteilen enthalten, besonders konzentriert in den Samen. Das Cytisin hat eine Nikotin-ähnliche Wirkung. Eine Vergiftung äußert sich durch Schwitzen, Zittern, Erbrechen, Krämpfe – im schlimmsten Fall führt Atemlähmung zum Tod. Bei einem Kind sind die tödliche Dosis etwa 15 bis 20 Samen. Achtung: Es gibt kein Gegengift!

Rittersporn

Der Rittersporn sieht dem Eisenhut ähnlich und gehört wie er zur Familie der Hahnenfußgewächse, ist aber deutlich weniger giftig als der Eisenhut. Aber dennoch: Die Einnahme führt zu Schmerzen, starkem Speichelfluss, Erbrechen, Muskelzuckungen, Lähmungen, Taubheitsgefühlen, Kribbeln an Händen und Füßen und Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Wichtig: Besonders viel giftige Alkaloide sind in den Samen des Rittersporns enthalten.

Gefleckter Schierling

Im Altertum wurden mit dem Schierlingsbecher Verbrecher hingerichtet – oder unliebsame Geister wie der Philosoph Sokrates. Am einfachsten erkennt man Schierling an seinem stechenden Geruch, er stinkt ein wenig wie Urin. Achtung: Das im Schierling enthaltene Gift Coniin wird auch durch die Haut aufgenommen. Es gibt kein Gegengift! Verwechselt werden kann Schierling mit Kerbel (Blatt), Petersilie (Blatt), Anis (Frucht) oder Meerrettich (Wurzel).

Oleander

Seine filigranen Blüten erinnern an Urlaube im Süden, wo Oleander oft kilometerweit entlang von Straßen blüht. Aber Achtung: Oleander, auch Rosenlorbeer genannt, ist in allen Pflanzenteilen stark giftig. Am höchsten ist die Konzentration der Giftstoffe, darunter Oleandrin, in den Blättern. Bei Kontakt kann es zu Hautreizungen und Rötungen kommen. Beim Verzehr drohen Kopfschmerzen, Krämpfe und Magen-Darm-Beschwerden – sogar ein Blatt kann schon zu Herzrasen führen. Halten Sie Kinder von der Pflanze fern.

Riesenbärenklau

Der Riesenbärenklau, auch Herkulesstaude genannt, gehört hier eigentlich gar nicht her. Er kam um 1900 aus dem Kaukasus zu uns, weil man ihn in Gärten pflanzte. Da bleib er aber nicht, sondern breitete sich aus. Da der giftige Pflanzensaft Verbrennungen verursacht, sollten Sie beim Bekämpfen sehr vorsichtig vorgehen und ein paar Schutzmaßnahmen treffen. Die enthaltenen Furocumarine sind phototoxische Gifte. Kommen diese in Kontakt mit UV-Strahlen, also mit Tageslicht, entsteht eine phototoxische Reaktion.

Engelstrompete

Krampfanfälle, Delirium, Halluzinationen, stark vergrößerte Pupillen und Herzrasen – die Wirkungen der Engelstrompete sind unschön. Dennoch glauben immer wieder vor allem Jugendliche, hier eine quasi natürliche Droge vor sich zu haben. „Das geht nach hinten los, die liegen dann in schlechtem Zustand bei uns in der Klinik“, warnt Ärztin Dr. Romanek. Immerhin, gegen die Gifte – vor allem Atropin und Skopolamin – gibt es ein Gegengift. Die gleichen Gifte sind auch in Tollkirsche und Stechapfel enthalten.

Eisenhut

Der blaue Eisenhut gehört zu den Hahnenfußgewächsen und den beliebtesten Gartenstauden, und das, obwohl er die giftigste Pflanze in Europa ist. Das enthaltene Gift ist Akonitin. Vorsicht: Die Aufnahme ist bereits durch Hautkontakt möglich – was ihn auch für Blumenfreunde und Kinder gefährlich macht. Der Tod tritt je nach Giftmenge in einer halben Stunde oder innerhalb von drei Stunden durch Atemlähmung oder Herzversagen ein. Gegen das Gift, das starke Schmerzen verursacht, gibt es kein Gegengift.

Eibe (Taxus baccata)

Die Eibe besticht durch ihr saftiges Grün und rote Beeren. Wichtig zu wissen: Alle Pflanzenteile sind giftig, also Nadeln und Holz. Nur die Beeren sind nicht giftig – lediglich die Kerne, die das enthaltene Gift freisetzen, wenn man sie zerbeißt. Das enthaltene Gift nennt sich Taxin, es ist ein sogenanntes Spindelgift, das die Zellteilung hemmt. Die für Erwachsene tödliche Dosis entspricht 20 bis 100 Gramm Eibennadeln. Eine Vergiftung führt zu Atemlähmung, Erbrechen und Herzversagen. Im Ernstfall sofort in die Klinik.

Ambrosia

Die Ambrosia-Pflanze ist nicht giftig, aber dennoch gefährlich, denn sie ist hochallergen. Bei manchen Menschen löst sie heftige Reaktionen aus. Ihre Pollen zählen zu den stärksten Allergieauslösern der Pflanzenwelt, denn häufig führen sie direkt zu allergischem Asthma. Die deutsche Bezeichnung lautet Beifußblättriges Traubenkraut – an sich gehört die Pflanze nicht hierher. Sie wurde vor 150 Jahren aus Nordamerika eingeschleppt und konnte sich so stark verbreiten, weil sie früher oft in Vogelfutter beigemischt war.

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