>> „Laien können Papierfischchen von Silberfischchen kaum unterscheiden. Papierfischchen sind größer. Sie haben am Hinterleib drei deutlich längere fadenförmige Schwanzanhänge, die genau wie die Fühler länger sind als der Körper. Die Panzerschuppen von Papierfischchen sind einheitlich grau gefärbt. Außerdem sind Rumpf und Kopf behaart. Zudem laufen sie die Wände hoch“, erklärt Schädlingsexperte Stephan Biebl. „Sie sind innerhalb der letzten sechs Jahre immer häufiger geworden, sie verdrängen Silberfischchen.“ Ein Grund: „In der Pandemie stieg der Onlinehandel extrem an und in den Kartonagen kommen auch Papierfischchen ins Haus.“ Auch mit Baumaterialien, wenn sie mit Wellpappe verpackt sind. >> Bis vor wenigen Jahren waren die Papierfischchen in Deutschland noch wenig verbreitet, dabei gibt es sie wohl schon über 350 Millionen Jahre. Es gibt eine ganze Reihe von Fischchen-Arten: Silberfischchen, Papierfischchen, Geisterfischchen, Ofenfischchen, Kammfischchen und das selten vorkommende Ameisenfischchen. Während Ofen- und Kammfischchen in Wohnungen kaum eine Rolle spielen, breitet sich das Papierfischchen gerade aus. >> Das Papierfischchen ist kein Unbekannter: Der bayerische Forstwissenschaftler und Entomologe Karl Escherich verfasste schon 1905 eine Abhandlung über „Das System der Lepismatiden“ mit dem Hinweis auf Schäden an Büchern und Sammlungen durch das Papierfischchen. In Australien forschte man bereits 1940 über die Biologie und Ernährungsweise des Papierfischchens. Zwischen 1998 und 2017 gab es Einzelfunde in Belgien, Niederlande, Schweden, Österreich, Großbritannien und der Tschechischen Republik. Ab 2017 kam das Fischchen dann groß heraus! In Fachzeitungen war von den „Papierfressern“ die Rede. Biologisch faszinierend: Papier ist bekanntlich geduldig, für manche auch lecker. Die Tierchen ernähren sich von Büchern, Kartons, Fotos und Tapeten. Sie können Zellulosefasern mit einer körpereigenen Cellulase zu Zucker aufspalten und verdauen sie dadurch. Cellulose kann nur von wenigen Schädlingsarten als Nahrungsquelle erschlossen werden. Sie sind Überlebenskünstler, können sogar bis zu 300 Tage ohne Nahrung auskommen und man spricht davon, dass sie „einige Zeit die Papieroberflächen richtig beweiden und so mit ihrem Schabefraß dünne Schichten abtragen. Text und Illustrationen werden quasi ausradiert.“ >> Von den farbigen Pigmenten mögen sie Rot besonders gerne. Warum das so ist, muss noch erforscht werden. Sie profitieren vom globalen Handel und vom Klimawandel. Kein neues Phänomen: „Die Römer brachten Wein, gutes Essen und Schädlinge mit“, schmunzelt Biebl. Er steht immer wieder vor neuen Herausforderungen wie dem Australischen Teppichkäfer oder dem Braunen Pelz-käfer. „Und über Geisterfischchen freue ich mich wie ein Fünferl.“ Nun, da dürfte er wohl der Einzige sein…