Der Mensch wird immer älter und will auch immer älter werden – und dabei jung und schön bleiben. Er gibt Milliarden von Euro aus für Salben und Pülverchen bis hin zu Operationen. Tiere haben diese Wahl nicht, sie werden so alt, wie sie eben werden, sie leiden natürlich auch unter Krankheiten oder widrigen Lebensumständen, die ihre „normale“ Lebenszeit verkürzen. Aber im Tierreich gibt es Tiere, die wie im Zeitraffer leben und andere, die uralt werden. Das ist alles eine Sache der Evolution und grob kann man sagen: Je kleiner ein Tier ist, desto kürzer lebt es. Solche Tiere haben einen schnelleren Herzschlag, atmen schneller, haben einen schnellen Stoffwechsel und müssen mehr Nahrung in Relation zu ihrer Körpergröße finden, um das Kraftwerk am Laufen zu halten. Das ist wie bei einem Motor, der immer auf volle Power läuft, und das geht eben nicht lange gut. Aber auch diese Regel hat ihre Ausnahmen. Bechsteinfledermäuse sind kleine Fledermäuse und werden doch bis zu 20 Jahre alt, vergleichbar große Säugetiere schaffen das nicht. Eine Forschergruppe der Max-Planck-Gesellschaft hat eine Theorie dazu: Diese Fledertiere halten Winterschlaf, sie fahren den Stoffwechsel und die Körpertemperatur auf zwei bis zehn Grad herunter. Das spart Energie, aber auch molekulare Schäden verringern sich und der Alterungsprozess verlangsamt sich dadurch ebenso. Der Grönlandhai, der als das Tier mit der höchsten Lebenserwartung gilt, bestätigt diese Temperatur-Theorie. Er schwimmt in sechs Grad kaltem Wasser, durch die Kälte reifen und altern die Tiere sehr langsam. Inwieweit langer Winterschlaf und ungeheizte Wohnungen den menschlichen Alterungsprozess auch aufhalten, wäre ein Versuch wert… Bei den Grönlandhaien werden weibliche Tiere erst mit einem Alter von 150 Jahren geschlechtsreif. Zudem haben sie keine Feinde und können in Ruhe alt werden. Das Altern scheint darüber hinaus auch etwas mit der Geschlechtsreife und den fruchtbare Jahren zu tun zu haben. Schildkröten und Krokodile legen im Alter sogar mehr Eier als in jungen Jahren. Altern hat in jedem Fall große Vorteile für sozial lebende Tiere. Erfahrene Senioren sichern das Überleben ganzer Gruppen. So fördern Elefanten-Großmütter aus ihrem Langzeitgedächtnis die Wasserstellen aus ihrer Jugend hervor. Sie können den Jungspunden auch zeigen, was man fressen kann und was giftig ist. Die amerikanische Forscherin Cynthia Moss fand heraus, dass kleine Elefanten zehnmal häufiger das Erwachsenenalter erreichen, wenn in der Gruppe mehrere Großmütter leben. Die Elefanten-Oma glänzt sozusagen durch ihre Klugheit und nicht durch ihre wenigen Falten.
Das Altern oder Nichtaltern der Tiere bringt Forscher dazu, deren Leben zu studieren und womöglich daraus etwas fürs menschliche Altern zu lernen. Objekte der Forschung sind Fische: Der türkisfarbene Prachtgrundkärpfling ist ein kleiner Fisch, der in Mosambik und Simbabwe lebt, wo er seine Eier in schlammigen Erdlöchern verbuddelt. Nach der Trockenzeit kommt viel Wasser, der Fisch schlüpft und lebt nur vier, höchstens zwölf Monate. Er hat einen sehr schnellen Alterungsprozess, der dem des Menschen ähnelt, nur eben wie im Zeitraffer. Wissenschaftler versuchen nun, daraus Rückschlüsse zu ziehen. Auch am Killi-Fisch lässt sich forschen, denn sie leben von wenigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren. Die Frage ist klar: Was machen die Exemplare mit der längeren Lebenszeit besser? Forscher entdeckten einen grundlegenden Mechanismus, durch den sich schädliche Mutationen im Erbgut ansammeln. Diese führen dazu, dass die Fische schnell altern und nur kurzlebig sind. Auch beim Menschen häufen sich Mutationen in den Genen an, die im Alter aktiv sind. Altern scheint ergo auch erbliche Faktoren zu haben.
Noch 1928 nannte der amerikanische Statistiker Louis Dublin eine maximale menschliche Lebenserwartung von 65 Jahren für realistisch. Diese Schwelle hat die Menschheit längst überschritten. Heute leben in Deutschland bereits 10 000 über Hundertjährige. Im Jahr 2050 könnten es zehnmal so viele sein – auch wenn das mit Blick auf die Rentenkassen und die Demografie nur suboptimal ist.