Andere Buben träumten von einem Hund oder einer Katze. Felix Uhing hingegen wollte afrikanische Riesentausendfüßler in einem Terrarium. Ein Erzieher im Kindergarten hatte den Jungen auf die Idee gebracht. Diese wenig hübschen, dunkelbraun-schwarzen Viecher mit dem Äußeren einer Lakritz-Schnecke stießen jedoch auf wenig Begeisterung im Hause Uhing. „Meine Mutter meinte, ich hab ’nen Hau“, lacht Felix. Und sie dürfte froh gewesen sein, dass es dann im Grundschulalter nur Fische wurden. Er ging mit seinem Vater Steine sammeln, tüftelte über das Aquarium und das wurde dann „schon ein Ein-Meter-Becken“. Wenn der 16-jährige Münchner etwas anpackt, dann mit Hingabe und Perfektionismus. Und der Realschüler nimmt andere auf Instagram mit und will Fachwissen verbreiten, damit es den Fischen besser geht.
Denn auch wenn in Deutschland rund zwei Millionen Aquarien stehen, werden lange nicht alle gut gepflegt und die Fische artgerecht gehalten. Auch der Fachhandel hat Defizite, findet Felix. Obwohl seine Buntbarsche eher als Anfängerfische gelten, kann man bei deren Haltung viel falsch machen. Korrekt heißen die Tiere Malawisee-Buntbarsche oder Malawisee-Cichliden. Doch Barsch ist nicht Buntbarsch und schon bei der Vergesellschaftung werden Fehler gemacht. „Man unterteilt die Malawisee-Cichliden in drei Gruppen ein: Mbuna, Non-Mbuna und die Räuber. Mbuna meint in der Sprache der Anwohner des Malawisees ,in den Felsen lebend‘. Die Non-Mbuna leben in den offenen Bereichen des Sees. Die eher räuberischen Arten kommen in allen Zonen vor und haben sich auf das Jagen von Jungfischen oder kleineren Mbunas spezialisiert.
Die Mbuna sind eher aggressiv und revierbezogen. Und ihr Verhalten setzt die friedlicheren Non-Mbuna unter Stress. Aus diesem Grund sollte man sie nicht in einem Aquarium halten“, erklärt Felix. „Es ist nicht unbedingt schwer, sie zu halten. Aber sie lange so gut zu halten, dass sie alt werden, das ist eben doch eine Kunst.“
Hauptursache für Krankheiten nämlich ist Stress, oft entstanden durch Fehlbesatz. Felix beobachtet seine Tiere intensiv. „Jedes Tier hat einen Charakter, Fische sind nicht stumm. Ich kann den Fischen beim Reden zusehen, sie haben eine faszinierende Körpersprache:“ Und auch sonst ist ihre Lebensweise außergewöhnlich: Viele Buntbarsche sind Maulbrüter, vor allem die, die aus den Afrikanischen Großen Seen wie Malawisee oder Tanganjikasee stammen. Meist brütet das Weibchen. Die Eier oder die Larven im Maul herumzutragen, hat den Vorteil, dass das Gelege nicht so leicht bedroht ist. Natürlich ist die Anzahl der Eier geringer und das maulbrütende Tier selber kann kaum fressen. Manche Arten nehmen während dieser Zeit gar keine Nahrung auf. Eine Diät, die ungefähr drei Wochen lang dauert, bis die Jungtiere geschlüpft sind und ins Wasser entlassen werden können. In der Natur zieht das Weibchen sich von den anderen Fischen zurück, bei Felix bekommt Mama ein eigenes Aquarium. „Und es ist wirklich rührend zu sehen, wie sie sich dann kümmert.“ Das ist generell Felix’ Thema: Es sind nicht „nur“ Fische, es sind Lebewesen. „Fische sind Beobachtungstiere“, sagt der Bursche, der auch in einem Fischereiverein Mitglied ist. Er beäugt kritisch die Besatzpraktiken mancher Vereine, wo der Wille der Angler mehr zählt als ein zum Gewässer passender Besatz. Er wird auf jeden Fall eine Ausbildung zum Gewässerwart machen. Er will Fischen eine Stimme geben. Sein Vorbild ist der Meeresbiologe, Fotograf und Filmer Marc Robert Lehmann, dessen oberstes Ziel es ist, Ökosysteme zu retten. Wie Lehmann hat auch Felix als Junge geangelt und die Fische wieder ins Wasser gesetzt. „Was so schön als Catch and Release bezeichnet wird, ist Bullshit. Was ich früher gemacht habe, war ein Fehler. Fische empfinden sehr wohl Schmerzen. Wenn ich angle, dann verwerte ich das Tier und habe Respekt davor.“
Felix hat kein Problem damit, seine Schulkameraden zu nerven. „Man sollte echt keine Fischstäbchen essen. Schleppnetze zerstören Korallenriffe. In den Geisternetzen, die im Meer zurückbleiben, ertrinken tausende Delfine und Meeresschildkröten. Auch Aquakultur ist unschön, weil tausende Fische in Netzkäfigen eng zusammengepfercht leben müssen. Ein Viertel der weltweit gefangenen Fische werden wieder ins Wasser geworfen, weil sie zu klein oder Fehlfänge sind. Doch diese meist verletzten oder geschwächten Tiere leiden sehr.“ >> Felix Uhing auf Insta- gram: @Malawi_FU17