Amazon: Wie Sterne täuschen können

von Redaktion

VON JÖRG HEINRICH

Da auch vier oder fünf Sterne längst keine Garantie für gute Qualität mehr sind, verraten wir, wie der Trick mit den Fake-Sternen funktioniert und wie man sich als Käufer schützen kann. Übrigens: Die Tipps gelten in aller Regel auch für andere Online-Shops von Otto bis Zalando.

Wie kommt es zu den falschen Bewertungen?

Weil Amazon der größte Internethändler der Welt ist und sich so viele Käufer auf die Bewertungen verlassen, ist das Hauen und Stechen unter den Anbietern riesig. Experten haben ausgerechnet: Ein Stern mehr kann den Umsatz eines Produkts um bis zu 26 Prozent steigern. Es gibt unzählige Firmen, die für gute Wertungen bezahlen oder Geschenkgutscheine vergeben oder die schlechten Noten für Konkurrenzprodukte belohnen. Gerade in Asien sitzen Trickser, die ganze Pakete positiver oder negativer Wertungen anbieten. Und wer nach „Amazon-Bewertungen kaufen“ googelt, bekommt jede Menge Ergebnisse. Kunden, die ein eher unbekanntes Produkt bestellen wollen und dessen Qualität nicht genau kennen, sollten also vorsichtig sein. Amazon beteuert, dass es gegen die Fake-Sterne vorgeht, und hat beispielsweise Asia-Firmen wie Aukey oder Mpow aus seinem Marktplatz geworfen. Doch gegen die Flut der Anbieter gerade aus China ist der Händler offenbar machtlos.

Welche Arten von Fake-Wertungen gibt es?

Gefälschte Wertungen sind meist besonders positiv oder besonders negativ. Käufer sollten bei regelrechten Hymnen mit fünf Sternen ebenso misstrauisch sein wie bei Verrissen mit einem Stern. Beides kann manipuliert sein. Es gibt aber auch clevere Anbieter, die mit vier Sternen schummeln. Denn die wirken weniger verdächtig. Klar ist jedenfalls: Mit zwei oder drei Sternen wird kaum betrogen. Wichtig: Bei bekannten Marken gibt es viel weniger Manipulationen. Denn wie gut ein neues Samsung-Handy ist, lässt sich überall im Netz herausfinden. Beim Sterne-Betrug geht es fast immer um eher unbekannte und günstige Produkte, die sich schlecht vergleichen lassen – also zum Beispiel um Messerschleifer, Werkzeugkästen, Kleidung oder Mehrfachstecker von Firmen, deren Namen man meist noch nie gehört hat.

Welche Wertungen sind verdächtig?

Das US-Magazin „Wired“ nennt auffällige Kennzeichen, bei denen Käufer stutzig werden sollten:

– ein sehr hoher Prozentsatz von Fünf-Sterne-Bewertungen

– ein Mangel an Details in den Bewertungen und eher vages Lob

– allgemeine Bewertungstitel wie „nettes Produkt“ oder einfach „toll“

– die Erwähnung von besseren oder schlechteren Konkurrenzprodukten

– ähnlicher Wortlaut wie bei anderen Rezensionen

– schlechte Grammatik und Rechtschreibfehler

– mehrere Bewertungen zu bestimmten Zeitpunkten (vor allem, wenn dazwischen große Lücken liegen)

– der Abschnitt „Kunden kauften auch“ enthält nicht verwandte Produkte

– glänzende Bewertungen mit einem kleinen negativen Punkt, der aber nicht ausschlaggebend ist

– das Verschweigen von Nachteilen

Wie können sich Käufer schützen?

Wer sich für ein unbekanntes Produkt interessiert, googelt am besten nach anderen Bewertungen oder sucht nach YouTube-Videos und Social-Media-Kommentaren zu dem Artikel. Über der Liste der Bewertungen unten auf der Amazon-Seite sollten Interessenten die Auswahl von „Spitzenrezensionen“ auf „Neueste zuerst“ ändern, denn dabei ist die Manipulationsgefahr geringer.

Wer auf den Namen eines Sterne-Bewerters klickt, erfährt mehr über ihn – zum Beispiel, für wie hilfreich andere Amazon-Kunden seine Texte halten. Die Seite ReviewMeta (reviewmeta.com/de) analysiert für jeden Amazon-Artikel die Glaubwürdigkeit der Sterne – und vergibt eine „angepasste Wertung“. Das kostenlose Programm gibt es auch als App für iOS und Android.

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