Mit einem Clip kann das Herz wieder richtig pumpen

von Redaktion

Für Eingriffe an der Herzklappe besitzt Prof. Karlheinz Seidl langjährige Expertise. Jetzt hat er erstmalig am Klinikum Ingolstadt eine Reparatur der Trikuspidalklappe vorgenommen. Dieser Eingriff gilt als besonders anspruchsvoll.

Schon länger ist für Professor Seidl mit seinem Team von der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin ein anderer Eingriff Routine: Mit einem Clip behebt er eine Undichtigkeit an der Mitralklappe im Herzen. Sie kontrolliert als Ventil den Fluss des sauerstoffreichen Blutes aus der Lunge in die linke Herzkammer. Schließt die Klappe nicht richtig, fließt ein Teil des Blutes aus der Herzkammer wieder zurück. Dadurch muss das Herz auf Dauer viel stärker als vorgesehen pumpen. Dies kann zu einer gefährlichen Schädigung des Herzmuskels führen.

Doch in letzter Zeit sind auch Mängel am Einlassventil der rechten Kammer, der Trikuspidalklappe, stärker in den Fokus der medizinischen Aufmerksamkeit geraten. Teilweise wird sie sogar als die „vergessene Herzklappe“ bezeichnet. Doch sie ist ebenso wichtig, denn durch sie fließt das sauerstoffarme Blut in die rechte Herzkammer, um von dort aus dann in Richtung Lungen gepumpt und dort mit Sauerstoff angereichert zu werden. Den betroffenen Patienten versuchte man bisher mit Medikamenten zu helfen. Aber das war nicht des Rätsels Schluss, wie Seidl aus Erfahrung weiß: „In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Schwächen der Trikuspidalklappe Patienten sehr belasten können. Sie leiden wie viele Herzpatienten unter dicken Beinen oder Flüssigkeitsansammlungen im Bauch. Sie haben auch eine schlechtere Lebenserwartung als Gesunde.“

Die Herausforderung für den Operateur besteht nun darin, dass die Trikuspidalklappe des Herzens komplizierter gebaut ist als die Mitralklappe. Sie besteht aus drei statt nur zwei Segeln. Darüber hinaus lässt sich diese Herzklappe nicht so einfach wie die Mitralklappe im Ultraschall darstellen. Aber vor allem ist eine Reparatur dieser Klappe ein komplexer Eingriff am Herzen. Ein Vorteil ist jedoch, dass sie über die Leiste minimalinvasiv und damit vor allem ohne Öffnung des Brustkorbs vorgenommen werden kann. „Über einen Katheter und mittels Kontrolle durch Ultraschall ist es gut möglich, auch an dieser Herzklappe einen Clip anzubringen. Wie mit einer Wäscheklammer werden die Segel der Herzklappe gerafft, damit sie besser als vorher abdichten. Für mich ist auch die rechte Herzhälfte vertrautes Terrain, denn als interventioneller Kardiologe und Elektrophysiologe bin ich es gewohnt, dort interventionell unterwegs zu sein“, erläutert der Herzspezialist.

Seine erste Patientin für einen Trikuspidalclip war die 85-jährige Cecilia Ringling. Bereits am zweiten Tag nach der Operation hat sie ihm die Beine entgegengestreckt. Denn sie war total glücklich darüber, dass sie plötzlich so dünn wie vorher noch nie waren. „Bei mir war es höchste Zeit“, erzählt sie. „Ich leide schon lange unter dieser Schwäche der Herzklappe und hatte Schmerzen wie auch sehr entzündete Beine durch die großen Wasseransammlungen im Körper. Nach dem Eingriff hat sich mein Alltag verändert, ich bin wieder so positiv und munter geworden. Die Schmerzen haben nachgelassen, und in Grenzen kann ich auch wieder Treppen steigen.“

Artikel 2 von 7