Beinschmerzen können ein erstes Anzeichen für Durchblutungsstörungen sein. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) weist darauf hin, dass viele Menschen dieses Warnsignal jedoch falsch interpretieren und zunächst einen Orthopäden aufsuchen.
In Deutschland leiden bis zu acht Millionen Menschen an einer Durchblutungsstörung in den Beinen, der sogenannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). „Viele, ohne davon zu wissen“, betont Professor Markus Steinbauer. „Denn die pAVK ist eine sich langsam entwickelnde Erkrankung, die oft jahrzehntelang kaum Beschwerden bereitet“, fügt der DGG-Präsident hinzu. Ist die Krankheit weit fortgeschritten mit Schmerzen, die auch in Ruheposition auftreten, sind aufwendige interventionelle Gefäßeingriffe oder Operationen erforderlich – bis hin zur Amputation.
Das häufigste Frühwarnzeichen für eine beginnende pAVK sind Muskelschmerzen, die bei längerer Laufstrecke oder beim Treppensteigen wiederholt in Waden, Oberschenkeln oder der Gesäßregion einsetzen. Betroffene dächten dann an einen Magnesiummangel oder eine Knochenfehlstellung und suchten einen Orthopäden auf, berichtet Dr. Konstantinos Stavroulakis, Gefäßchirurg an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Großhadern. „Doch das ist oft die falsche Fährte.“ Zu weiteren Anzeichen für eine pAVK zählen Taubheitsgefühle und Schwäche in den Beinen, kalte, blasse Füße und Zehen, schlecht heilende Wunden oder Schmerzen in Beinen und Füßen in Ruhe. Wer diese Symptome feststellt, sollte den Hausarzt ansprechen.
Eine erste Maßnahme ist, die Durchblutung körperlich zu untersuchen und die Pulse an Leiste, Kniekehle und Fuß zu tasten. „Dann folgt die wichtigste Technik zur Früherkennung einer pAVK, die Doppler-Druckmessung mit Ultraschall an Arterien an Arm und Fußknöchel“, so Stavroulakis. Die Untersuchung bestimmt den Knöchel-Arm-Index. Er gibt an, wie stark Gefäßablagerungen die Blutzirkulation behindern, und liegt bei gesunden Menschen zwischen 0,9 bis 1,3. Bei einem Wert unter 0,9 ist der Patient an pAVK erkrankt.
Mit einer solchen Diagnose wenden sich Betroffene am besten an Gefäßchirurgen. „Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten für pAVK-Anfangsstadien“, betont Stavroulakis. So könne eine konservative Behandlung die Erkrankung über längere Zeit aufhalten. „Dabei steht eine Reduktion der Risikofaktoren durch eine Änderung der Lebensführung mit Rauchverzicht, gesunder Ernährung und körperlicher Bewegung an erster Stelle“, erläutert der Experte. Parallel dazu erfolgt eine langfristige medikamentöse Begleittherapie.
Die pAVK-Patienten sind Risikokandidaten für andere lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 70 Prozent erleiden langfristig einen Herzinfarkt, weitere fünf Prozent erliegen einem Schlaganfall. Aktuelle Studien zeigen laut Stavroulakis eindeutig, dass Medikamente die Herzinfarktrate um 42 Prozent und die Schlaganfallrate um 14 Prozent senken und den Krankheitsverlauf erheblich verbessern. Erreicht die Durchblutungsstörung ein kritisches Stadium, in dem sich Schmerzen auch in einer Ru-heposition oder nicht heilende Wunden an Fuß oder Bein zeigen, dann ist eine rasche Diagnostik und Therapie in spezialisierten Gefäßzentren erforderlich.