von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Es ist noch gar nicht so lange her: Thorben Danke fotografierte 2016 eine Fliege in seiner Garage. Googelte mehr aus Spaß, was das für eine Fliege ist. Sie war als Goldfliege zu identifizieren. Ähnlich erging es ihm mit einer Hornisse. „Da saßen zwischen den Augen noch extra Augen, ich wollte wissen, was das ist.“ Hornissen haben runde Hauptaugen für einen 360-Grad-Blick und zudem auch noch seitlich am Kopf liegende Augen – so können die Tiere effektiv jagen und Gefahren früh erkennen. „Ich stellte erstaunt fest, dass Insekten mein ganzes Leben um mich herum gewesen sind, ich sie aber nie näher betrachtet hatte. Und dass wir ohne Insekten am Ende verhungern werden, da ohne ihre Bestäubung keine Obst- und Feldfrüchte wachsen und es ohne all die Bodenorganismen keinen fruchtbaren Boden gibt.“ Es war eine Initialzündung, das theoretische Wissen wurde echter Forscherdrang.

Nun vereinte Danke schon 2016 zwei Talente in sich. Er ist von Beruf Elektroniker und war immer schon begeisterter Fotograf, hatte sich der Astrofotografie verschrieben. „Aber man braucht Neumond, einen wolkenlosen Himmel, das schränkt sehr ein.“ Die Insekten waren vor seiner Nase und er begann ausschließlich heimische Arten zu fotografieren. Nur Sechsbeiner! Nun sind Insekten nicht nur schnell, sondern sie leben auch nicht lange, Schnappschüsse ergo nicht ganz so ergiebig. Grund, warum der Insektenfotograf tote Tiere braucht.

„Es sind ausschließlich Totfunde oder Geschenke aus Sammlungen. Einen Großteil habe ich aus der zoologischen Staatssammlung in München bekommen.“ Leute schicken ihm Tiere zu, er findet Tiere in Spinnennetzen. 2019 bekam er einen 40 Jahre alten Totenkopfschwärmer geschenkt, den er nun fotografisch zum Leben erwecken wollte. Und Danke geht weit. Er präpariert die Tiere. „Es gibt weltweit Microsculpture-Fotografen, allerdings sind da oft die Augen tot. Mit Präparation kann man die Augen und so das Tier lebendig aussehen lassen.“

Was Danke da macht, ist einzigartig. Anders als der bekannte Brite Levon Biss, der fast ausschließlich von oben fotografiert, sind es bei Danke Ansichten von vorne. Wobei „fotografiert“ ein Hilfsausdruck ist. Der Aufwand ist groß, technisch ausgefeilt und heißt „Stacking“. „Optisch bedingt sinkt bei steigender Vergrößerung die Schärfentiefe, d. h. je höher etwas vergrößert wird, desto kleiner wird der Bereich, in dem etwas scharf abgebildet wird. In der Mikroskopie wird das zu vergrößernde Objekt zwischen zwei Glasplättchen gelegt, da die Schärfe-ebene nur noch so „dick“ wie der Platz zwischen den Plättchen ist. Der Bereich vor und hinter den Glasplättchen ist bereits unscharf. Möchte man nun ein dreidimensionales Objekt unter hoher Vergrößerung scharf abbilden, müssen die Schärfeebenen präzise nacheinander fotografiert werden. Diese sind oft nur wenige Mikrometer dick. Mit spezieller Software wird dann der scharfe Bereich aus oft hunderten Einzelaufnahmen zu einer durchgängig scharfen Abbildung zusammengerechnet.“

Das alles ist Eigenbau, er verwendet eine Vielzahl an Mikroskopoptiken, auch Vergrößerungslinsen, gängige Makroobjektive und Vorsatzlinsen. Alle Fotos werden mit einer Vollformatkamera mit 42 Megapixel erstellt.

Noch faszinierender ist 3D-Stacking. „Wiederholt man den oben beschriebenen Prozess aus präzise vordefinierten, verschiedenen Winkeln, so erhält man Einzelaufnahmen, die jeweils um nur ein paar zehntel Grad verschoben sind. Setzt man diese Aufnahmen zu einem Video zusammen, ergibt das weltweit einzigartige 3D-Makroaufnahmen. Ein Fünf-Sekunden-Video besteht aus über 12 000 Einzelaufnahmen.“

Inzwischen sind auch Universitäten auf Thorben Danke aufmerksam geworden. Ihn schreiben Studenten an, auch Doktoranden. „Es ist ein großes Kompliment, dass ich als Quereinsteiger gefragt bin und sich Professoren von meinen Bildern begeistert zeigen.“ Er war in diversen Archiven von Museen und besonders erhebend ist es für ihn, ein sog. Typus-Exemplar zu fotografieren, also eines, das das erste beschriebene Tier einer Art ist.

Thorben Danke kooperiert mit Naturschutzorganisationen, seine Bilder zierten schon Titelblätter von Zeitschriften. Gerade war er in Braunschweig, um das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen für das Projekt BeesUp mit der Einrichtung eines Fotostudios zu unterstützen. Das Bundesamt will Kommunen Planungswerkzeuge zur wildbienen-gerechten Flächengestaltung und Städteplanung an die Hand geben. Der Makrofotograf wird 2023 auch bei der Neuauflage der preisgekrönten Doku „Unser Planet“ bei Netflix dabei sein.

Seine Frau unterstütze seine Arbeit bedingungslos und sei seine beste Kritikerin, weil sie den Blick der Außenstehenden habe, erzählt der Fotokünstler. Dass er jeden Abend bis in die Nacht hinein tüftele, störe sie nicht. Thorben Danke lacht: „Sie geht früh zu Bett!“

>> Interessanter Link www.sagaoptics.de

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