München/Krailling/Starnberg – Er sehe Fälle mit echter Grippe, also Influenza, vereinzelt Menschen mit einer Covid-Infektion in seiner Praxis. „Die Masse der Patienten leidet aber an gewöhnlichen Erkältungsviren“, sagt der Kraillinger Allgemeinmediziner Dr. Sebastian Brechenmacher. Gleiches beobachten die Starnberger Allgemeinärztin Ursula Goppel und der Münchner Allgemein- und Tropenmediziner Dr. Markus Frühwein: „Die Praxis ist knallvoll.“ Ein Grund ist in Dr. Frühweins Augen, dass vielen Menschen die Grundimmunität fehlt, da sie dank der Masken im vergangenen Winter gesund blieben.
Influenzawelle ist so hoch wie lange nicht
Im Stadtgebiet von München gibt es heuer bereits 5549 gemeldete Influenza-Fälle, erklärt das Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt auf Anfrage. Zum Vergleich: In der vergangenen Grippesaison 2021/22 gab es in München insgesamt 467 gemeldete Fälle. Heuer dagegen legt das Influenzavirus so tausende Münchner flach: Alleine in der vergangenen Woche, der 50. Kalenderwoche, waren es 1230 Influenzafälle. Im Jahr 2019 in derselben Dezemberwoche – also vor dem ersten Corona-Lockdown – wurden 200 Influenzafälle gemeldet.
Noch vor dem Fest gegen Grippe impfen
Vor allem Risikopatienten sollten sich dringend impfen lassen, die Impfung wirkt in wenigen Tagen, rät Dr. Markus Frühwein: „Wer sich heute noch impfen lässt, der hat an den Feiertagen zumindest ein wenig Schutz“, sagt Dr. Frühwein. Er habe seine ganze Familie impfen lassen, inklusive der zwei kleinen Söhne mit 1,5 und drei Jahren.
Zurückhaltung bei Antibiotika
„Bakterielle Infektionen sind eher gegeben bei Lungenentzündung, Nasen-Nebenhöhlenentzündung oder Mittelohrentzündung“, sagt Dr. Brechenmacher. Deshalb hilft es bei einem grippalen Infekt fast nie, Antibiotika zu nehmen. „Die wirken nicht gegen Viren, und darüber hinaus schädigt man auch noch die Darmflora“, erklärt der Arzt. Antibiotika helfen nur dann, wenn sie genau gegen die von einem Arzt festgestellte bakterielle Infektion sind. „Dann ist man im Normalfall nach drei bis vier Tagen nicht mehr ansteckend, auch wenn man die Antibiotika weiter nehmen muss“, sagt Dr. Brechenmacher. Bei bakteriellen Infekten hilft es auch, mit einem Vernebler zu inhalieren – die Geräte gibt es in der Apotheke.
Wer krank ist, gehört ins Bett
„Der wichtigste Punkt, den die allermeisten Menschen falsch handhaben, ist, dass sie sich nicht die Zeit nehmen, sich auszukurieren“, sagt Dr. Brechenmacher. Wer sich krank fühlt und zum Fest wieder gesund sein will, der sollte vor allem eines tun: Vom Gas gehen und dem Körper Ruhe und Zeit zur Regeneration gönnen – am besten viel schlafen. „Im Normalfall dauert eine Erkältung sieben bis zehn Tage, der Husten danach kann sich bis zu sechs Wochen hinziehen“, sagt Dr. Brechenmacher.
Diese Hausmittel helfen wirklich
Die Starnberger Ärztin Ursula Goppel gibt fünf Tipps, wie Sie schnell wieder auf die Beine kommen: Erster Punkt ist es, ausreichend zu trinken, mindestens zwei Liter pro Tag, zum Beispiel Ingwertee mit Zitrone. Zweitens sollten Sie viel Vitamin C, also Orangen, essen und Zitronensaft trinken. Wer kein Fieber hat, sollte frische Luft tanken: „Am besten, Sie gehen eine Stunde pro Tag an der frischen Luft warm angezogen spazieren“, rät Goppel. Viertens hilft es, die Raumluft feucht zu halten – mit Luftbefeuchter oder feuchten Tüchern an der Heizung. Goppels fünfter Tipp ist, heißen Wasserdampf zu inhalieren, zum Beispiel mit Salzwasser oder Zusätzen wie Kamille, Thymian oder Eukalyptus.
Darum sind auch Schmerzmittel gut
Gegen Kopf- und Gliederschmerzen helfen Schmerzmittel – damit man schmerzfrei wird und dann besser schläft. Was dagegen sehr schadet, ist, sich zusammenzureißen und trotz Krankheitsgefühl arbeiten zu gehen oder schnell noch in die Stadt zu flitzen, um die letzten Geschenke zu kaufen: „Damit verzögert man die Gesundung und fängt sich im schlimmsten Fall einen weiteren Infekt ein, da man geschwächt ist“, warnt Dr. Brechenmacher. Übrigens: Fieber muss man nicht aushalten, man kann es mit Paracetamol absenken, sagt Dr. Markus Frühwein. „Dass man einen Infekt rausbrennen muss, ist eine überkommene Vorstellung – das Immunsystem arbeitet auch bei Normaltemperatur.“
Die Mittel aus der Apotheke
Frei verkäufliche Medikamente aus der Apotheke lindern die Symptome, machen aber nicht schneller gesund, sagt Dr. Markus Frühwein. Rein schulmedizinisch ist die Wirksamkeit nicht bewiesen, ergänzt Dr. Brechenmacher: „Das ist ein Milliardengeschäft für die Pharmaindustrie, aber man muss auch sagen, wenn sich jemand mit so einem Mittel besser fühlt, dann soll er es ruhig nehmen.“ Für den Hausarzt gilt die Devise, da nicht zu streng zu sein. Bei Entzündungen im Nasenbereich schwören viele Patienten auf Sinupret, sind die Bronchien betroffen, dann auch Bronchipret, anderen hilft Gelomyrtol und einige fühlen bei Orthomol einen guten Effekt. Wichtig: Solche Medikamente nach Packungsbeilage nehmen und ja nicht überdosieren! Wer starken Schnupfen hat, sollte für einen begrenzten Zeitraum Nasenspray verwenden, rät Dr. Frühwein: „Um die Nebenhöhlen freizubekommen, damit sich da nichts festsetzt.“
So mindern Sie die Ansteckungsgefahr
Wer sich krank fühlt, sollte auch daran denken, dass er ansteckend sein kann. „Also besser nicht ordentlich Schmerzmittel nehmen und sagen, es geht schon, wenn die Gefahr besteht, insbesondere Risikopatienten anzustecken“, warnt Dr. Brechenmacher. Wer sich allerdings nicht mehr krank fühlt, aber noch ein wenig hustet, der kann sich auf die Familienweihnachtsfeier trauen – allerdings besser mit Maske.