Das taugt die neue Spritze gegen Cholesterin

von Redaktion

Herzstiftungs-Experte analysiert das Medikament Inclisiran – LDL-Werte sinken um 50 Prozent

Frankfurt – Ein hoher Cholesterinspiegel ist Gift fürs Herz-Kreislauf-System – insbesondere hohe Werte des LDL-Cholesterins (LDL-C). Überschüssiges LDL-C im Blut lagert sich in den Gefäßwänden ab und verursacht Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose). Mit anderen Risikofaktoren steigern diese Verkalkungen das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Jetzt soll eine neuartige Spritze das LDL-C in Schach halten. Der Kardiologe Professor Ulrich Laufs von der Deutschen Herzstiftung erklärt das viel diskutierte Medikament.

Konkret handelt es sich um den Cholesterinsenker Inclisiran. Er gehört zu den sogenannten PCSK9-Hemmern. Das sind Antikörper gegen das körpereigene Enzym PCSK9. Es ist am Abbau von LDL-Rezeptoren auf den Leberzellen beteiligt. Wird PCSK9 am Rezeptorabbau gehindert, kann die Leber mehr LDL-C aus dem Blutkreislauf aufnehmen und abbauen. Das führt zu einem Absinken der LDL-Cholesterin-Werte im Blut und soll so die Ablagerung von Blutfetten in den Gefäßen verhindern.

Inclisiran wird genauso wie die herkömmlichen PCSK9-Hemmer (Evolocumab, Alirocumab) unter die Haut gespritzt. „Das Besondere an der neuen Substanz ist, dass sie direkt und hochspezifisch in den genetisch programmierten Produktionsprozess des Enzyms PCSK9 eingreift. Unsere Erbinformation selbst, die DNA, wird durch diesen Wirkstoff in keiner Weise berührt“, erklärt Prof. Laufs, der auch Leiter der Lipidambulanz am Leipziger Uniklinikum ist.

Das Medikament mit dem RNA-Wirkstoff kann nach bisher bekannten Studienergebnissen den LDL-C-Wert um im Mittel 50 Prozent senken. „Damit könnten wir rechnerisch die Arteriosklerose zu 60 bis 90 Prozent verhindern“, so Prof. Laufs im Herzstiftungs-Podcast, „wenn die Therapie in jungen Lebensjahren beginnt und dauerhaft durchgeführt werden kann – vorausgesetzt, es kommt zu keinen Nebenwirkungen.“

Für die Verordnung von Inclisiran auf Kassenrezept gelten allerdings strenge Kriterien. Es muss noch in einer klinischen Studie auf Sicherheit und Wirksamkeit dahingehend geprüft werden, ob es neben der Cholesterinsenkung auch zu einer Verminderung von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen kommt. Daher kann Inclisiran von Fachärzten bisher nur in besonderen Fällen verschrieben werden: wenn eine Unverträglichkeit für andere Cholesterinsenker (Statine) besteht oder wenn die Medikamente über einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht den gewünschten Effekt (LDL-C-Zielwert) bewirkt haben.

Im Vergleich zu den anderen verfügbaren PCSK9-Hemmern (Evolocumab, Alirocumab) hat Inclisiran den Vorteil, dass es nicht alle zwei bzw. vier Wochen gespritzt werden muss, sondern nach der ersten Injektion, einmalig nach drei Monaten und dann nur noch alle sechs Monate. Allerdings dürfe aufgrund der langen Wirkdauer des Medikaments der regelmäßige Austausch zwischen Arzt und Patient nicht ausbleiben, so Herzstiftungs-Experte Laufs.

Bei aller Euphorie, die diese Therapie in Zukunft zum Schutz vor Arteriosklerose und damit Herzinfarkten bieten könnte, sei bei einer Cholesterin-Behandlung die Prävention stets in das Gesamtkonzept mit einzubinden, betont Laufs. Arzt und Patient sollten dies gemeinsam besprechen. „Und das umfasst an erster Stelle den Lebensstil und dann erst Medikamente. Das muss bleiben.“

Häufig reicht zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bei leicht erhöhten LDL-C-Werten eine Umstellung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten. Erst bei stark erhöhten Werten oder wenn Lebensstilmaßnahmen nicht ausreichen, um das Infarktrisiko zu verringern, kommt eine medikamentöse Therapie zum Einsatz. „Am besten wissenschaftlich gesichert ist hierfür der Einsatz von Statinen“, so Laufs. „Dabei gilt: Je niedriger die LDL-Cholesterinwerte, desto niedriger das Risiko. Wie hoch die Cholesterinwerte sein dürfen, ist aber individuell und hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Gesamtrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit von zusätzlich bestehenden Risikofaktoren ab.“ Lässt sich der Cholesterinspiegel mit Statinen nicht ausreichend senken, kann auch eine Kombitherapie sinnvoll sein. Dazu stehen z.B. Ezetimib, Bempedoinsäure und auch die PCSK9-Hemmer zur Verfügung.

Infos: www.herzstiftung.de/cholesterinsenker

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