Künstliche Intelligenz erobert den Alltag

von Redaktion

VON JÖRG HEINRICH

Ein Text, verfasst von einer künstlichen Intelligenz. Die Vorgabe an das Textprogramm ChatGPT lautete: „Erkläre den Aufstieg und die Gefahren von künstlicher Intelligenz im Jahr 2023.“ Das Ergebnis liest sich so.

„Künstliche Intelligenz (KI) ist ein schnell wachsender Bereich, der das Potenzial hat, viele Branchen zu revolutionieren und das Leben der Menschen in vielerlei Hinsicht zu verbessern. Mit dem Aufschwung der KI gibt es jedoch auch Bedenken über ihre potenziellen Gefahren und negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Im Zuge des weiteren Fortschritts der KI wird es für Regierungen, Unternehmen und Forscher wichtig sein, zusammenzuarbeiten, um diese Risiken zu mindern und sicherzustellen, dass die Vorteile der KI gerecht verteilt werden.“

Woran man sieht: Für nüchterne, fachliche Texte ist ChatGPT mittlerweile gut genug. Die Software lernt dabei durch zahllose Beispiele, mit denen sie gefüttert wird, immer mehr dazu. Experten sprechen von maschinellem Lernen. Und weil die Fortschritte so gewaltig sind, gilt künstliche Intelligenz, egal ob im Auto, im Haushalt oder im Büro, als das wichtigste Technikthema der nächsten Jahre. Wir verraten (ganz ohne maschinelle Hilfe), was jetzt schon möglich ist.

Texte

Die Text-Software ChatGPT der US-Firma OpenAI, in die Microsoft und Elon Musk investiert haben, hält derzeit das Internet in Atem. Und sie breitet sich rasend schnell aus. Professoren appellieren bereits an ihre Studenten, ihre Arbeiten nicht von ChatGPT erstellen zu lassen.

Das US-Technikmagazin CNET musste kürzlich eingestehen, dass es klammheimlich bereits über 70 Texte veröffentlicht hat, die von künstlicher Intelligenz verfasst wurden. Der englische Journalist Henry Williams hat ChatGPT nach eigenen Angaben jetzt innerhalb von 30 Sekunden einen durchaus brauchbaren Artikel über Zahlungssysteme schreiben lassen, für den er normalerweise 570 Euro Honorar berechnen würde. Er ist überzeugt: „Künstliche Intelligenz wird mir den Job wegnehmen.“

Bei anspruchsvolleren Aufgaben stößt die KI aber schnell an ihre Grenzen. Und das dürfte auch noch längere Zeit so bleiben. Denn der Software fehlt schlichtweg die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen oder zu verstehen.

CNET-Journalist Jackson Ryan erklärt das so: „ChatGPT ist nicht in der Lage, die Gefühle auf dem Gesicht eines Spielers zu beschreiben, der die Weltmeisterschaft gewinnt, oder mit Ukrainern darüber zu sprechen, wie die russische Invasion ihr Leben verändert hat.“ Wer mag, kann das Programm unter openai.com/blog/chatgpt kostenlos ausprobieren.

Stimmen

Spricht da in einer Rede tatsächlich Olaf Scholz – oder imitiert künstliche Intelligenz die Stimme des Kanzlers beinahe perfekt? Diese Frage wird künftig wichtiger denn je. Denn Microsoft gerade hat ein neues KI-Modell namens VALL-E vorgestellt, das mit einer nur dreisekündigen Sprachprobe jede Stimme glaubwürdig nachahmen kann. Dabei sollen sich auch Emotionen und typischer Tonfall eines Menschen überzeugend imitieren lassen.

Auf einer Demo-Seite im Internet (valle-demo.github.io) bietet Microsoft zahlreiche Beispiele zum Nachhören an, deren Ähnlichkeit zwischen Original und „Fälschung“ tatsächlich gespenstisch bis erschreckend wirkt. Um Missbrauch zu vermeiden, hat der US-Konzern den Quellcode bisher nicht veröffentlicht. Und die Frage, inwieweit man einer Stimme noch vertrauen kann, muss dringend geklärt werden.

Fotos

Künstliche Intelligenz, die Fotos und Videos erzeugt oder verändert, ist einer der großen Hits im Netz. TikTok, Instagram & Co. werden derzeit mit den verblüffenden Ergebnissen der KI regelrecht überflutet. Die Software DALL-E 2 (openai.com/dall-e-2), die ebenfalls von OpenAI stammt, erzeugt mit wenigen Stichworten alle nur denkbaren Fotos, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Wer dort im kostenlosen Test (auf Englisch) Anfragen wie „Skifahren in der Wüste“ oder „Frosch im Kino“ eingibt, erhält Fotos, die oft ein wenig gruselig aussehen, häufig aber erstaunlich echt wirken.

Mit Stable Diffusion steht im Netz ein ähnliches Programm zum Gratis-Test bereit (stablediffusionweb.com). Die spektakulärsten Ergebnisse liefert derzeit die US-App „Lensa“ für iOS und Android, die Selfies verschönert und die aus Selbstportraits per KI „magische Avatare“ erzeugt. Die Nutzer werden damit zu Superhelden, Comicfiguren oder Astronauten. Lensa kostet 50 Euro im Jahr, bietet aber die Möglichkeit, es eine Woche kostenlos auszuprobieren – und zu staunen.

Artikel 2 von 6