von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Hühner zu halten, liegt im Trend. Nicht nur wegen der Eier zu Ostern. Wer über nur wenig Platz verfügt, hat womöglich ein Auge auf Zwerghühner geworfen. Doch die sind nicht nur tatsächlich winzig süß, sondern wollen auch artgerecht leben.

Wie bei Irene Balzarek in Lechbruck. Ziemlich gesprächig kommen sieben Winzlinge angelaufen und picken aus ihrer Hand. Sieben fünf Tage alte Zwerge, die der Brutautomat ausgebrütet hat. Und das Faszinierende: Sie haben jetzt schon diese Puschelfüße, korrekt als „Federfüße“ bezeichnet. Was hier wuselt, sind Zwerg-Cochin.

„Die Zwerge entstanden hauptsächlich durch Züchtung als Miniaturausgabe der jeweiligen Großrassen“, erläutert Balzarek. „Es gibt aber auch sogenannte Urzwerge, bei denen nie eine Großrasse bestand, zum Beispiel der japanische Chabo und eben die Zwerg-Cochin, die allein in den kaiserlichen Gärten Chinas gehalten werden durften.

Die Bezeichnung Zwerg-Cochin ist irreführend, da diese mit der Rasse Cochin nicht verwandt sind, sich nur im Aussehen ähneln. Diese Rasse ist wahrscheinlich die älteste asiatische Zwerg-Rasse, Zwerg-Cochins werden vermutlich seit Jahrhunderten nach festgelegten Idealvorstellungen gezielt gezüchtet. Sie lebten vor der Außenwelt versteckt im kaiserlichen Sommerpalast nördlich von Peking und kamen erst zum Vorschein, als französische und britische Truppen im Jahr 1860 den Palast stürmten und zerstörten.

Ja, Irene Balzarek ist gut informiert und mit Liebe und Passion dabei. Die Leidenschaft für Rassehühner begann schon in der Kindheit. Die Mutter hielt auf dem Bauernhof „Italiener“. Vor acht Jahren begann Balzarek mit der Großform der VorwerkHühner, ihr ältestes noch lebendes Huhn Bella ist inzwischen über sieben Jahre alt und fit. Die Zwerg-Cochin- Winzlinge können auch ein Alter von bis zu zehn Jahren erreichen. Sie leben die ersten zwei Tage vom Dottersack, dann beginnen sie zu picken, und „Mama“ Irene hat ihnen das mit dem Finger mal kurz gezeigt, schon klappte es. Im warmen Brutstall im Haus bleiben sie vier bis fünf Wochen, dann ziehen sie in einen ebenfalls beheizten Stall im Garten um. Nach nur fünf Tagen sind sie schon ganz unterschiedliche Individuen, frecher, zurückhaltender, größer oder kleiner. „Dieser Stamm sieht sehr gut aus, es gibt auch mal welche, die haben Fehlstellungen an den Beinchen, Spreizfüße zum Beispiel. Das kann ein Brutfehler sein oder ein Gendefekt“, weiß die Expertin. Sie tapt solche Beinchen, ein filigranes Unterfangen, aber das Huhn hat später dann gerade Beine, mit denen es gut scharren kann.

Wenn die „Gartenphase“ vorbei ist, dürfen die Zwerge zu den ausgewachsenen Zwergen, und die leben inmitten von Wiesen auf der Anlage des Kleintierfreunde-Züchtervereins Lechbruck am See. „Da hat man perfekte Bedingungen und Gleichgesinnte. Zudem habe ich keine Probleme mit den Nachbarn wegen der Hähne“, sagt die Züchterin. Die Neuen zu vergesellschaften sollte kein Problem werden. „Sie sind zutraulich, sehr friedlich, ruhig und können kaum fliegen und sind wunderbare Glucken“, erzählt Balzarek. Das heißt, dass sie gerne brüten, und wenn man sie lässt, dann gehen sie darin auf. Man muss die Glucke auch nicht aus dem Bestand nehmen, sie kann drinbleiben und auch die Küken werden von den anderen umsorgt. Der Bruttrieb bedeutet allerdings, dass sie „nur“ rund 80 weiße Eier im Jahr legen, die circa 30 bis 40 Gramm wiegen. Dazu kommt, dass der Legebeginn erst nach acht bis zehn Monaten ist, dass im Winter nicht gebrütet wird – wegen der Eier hat man die kleinen Schönheiten also nicht.

Balzareks Tiere sind gerade etwas traumatisiert. „Zurzeit habe ich nur noch den Hahn Franzl und die Henne Sophie als Stamm. Leider hat letzte Woche der Marder zugeschlagen und Sissi und Tweety gemeuchelt“, bedauert sie. Auch die beste Voliere, die tief in den Boden eingelassen ist, wird mal untergraben. Aber der neue Stamm ist ja schon am Start.

Und dann wären da ja noch die Zweiten im Bunde: Balzareks Zwerg-Vorwerk! „Die Großform der Vorwerk gehörte lange zu den gefährdeten Hühnerrassen und ist inzwischen recht beliebt. Dass es eine Zwergform gibt, habe ich erst vor zwei Jahren erfahren und war sofort begeistert“. Wenn man bedenkt, dass es in Deutschland nur 445 eingetragene Zwerg-Vorwerkzuchthähne und nur circa 1150 Hennen gibt und sie in Bayern noch fast unbekannt sind, dann freut man sich noch mehr an dem hübschen Federvieh. Und Hahn Schorschi zeigt vorbildlich, warum die Tiere auch „Goldhühner“ heißen: „Gold sollen sie sein mit schwarzem Kopf- und Schwanzgefieder. Übrigens ist der Idealfall genau die RAL-Farbe 1004, goldgelb“. Wie Schorschi. Der gerade mit seinen vier Damen außerhalb der Voliere eine Runde dreht. Wenn „Mama“ aber „Feierabend“ ruft, laufen sie wieder brav hinein.

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