So gefährlich ist ein Augeninfarkt

von Redaktion

VON ANDREAS BEEZ

München – Bei Augenärzten und Notfallmedizinern lässt die Erkrankung alle Alarmglocken schrillen: Der Augeninfarkt ist ein gefährlicher Notfall, der schnelles und entschlossenes Handeln erfordert. Der medizinische Hintergrund: „Beim Augeninfarkt verschließt sich die Zentralarterie, die die Netzhaut mit Sauerstoff versorgt“, erklärt Professor Siegfried Priglinger, Direktor der Augenklinik des LMU-Klinikums in München. Schon nach zwei bis vier Stunden drohen irreversible Schäden bis hin zur Erblindung. „Deshalb sollte man beim Verdacht auf einen Augeninfarkt sofort die Notrufnummer 112 wählen und sich in eine Augenklinik bringen lassen.“

Das Tückische am Augeninfarkt: Er verursacht in der Regel keine Schmerzen. In den allermeisten Fällen ist nur ein Auge betroffen. Patienten berichten oft von einer verschwommenen Sicht und einem Schleier vor den Augen. Zudem schränkt sich auch das Sichtfeld deutlich ein, der Betroffene nimmt schwarze Flecken wahr. Die Sehkraft lässt nach und verschlechtert sich dramatisch. Manchmal sieht man auch vom einen auf den anderen Moment für einige Sekunden und Minuten gar nichts mehr, bevor sich das Auge scheinbar wieder erholt – allerdings nur vorübergehend.

Wenn die Sauerstoffversorgung der Netzhaut unterbrochen wird, stirbt Gewebe ab – ähnlich wie bei einem sogenannten ischämischen Schlaganfall im Gehirn. „Deshalb spricht man bei einem Augeninfarkt auch von einem Schlaganfall des Auges“, erläutert Dr. Marc Mackert, Leiter der Glaukomambulanz im LMU Klinikum München. Er forscht derzeit gemeinsam mit Kollegen im Rahmen einer Studie zu der gefürchteten Erkrankung. Dabei wollen die Wissenschaftler im Wesentlichen herausfinden, ob sich der Gefäßverschluss der Zentralarterie – ähnlich wie nach einem Schlaganfall – durch Thrombolyse auflösen lässt.

Bei einer Thrombolyse erhält der Patient blutverdünnende Infusionen, sofern er nicht bereits blutverdünnende Medikamente wie Marcumar oder moderne Nachfolgepräparate wie Xarelto, Pradaxa, Eliquis oder Lixiana einnimmt. Die Therapie ist allerdings nur bis maximal viereinhalb Stunden nach dem Schlaganfall möglich. Danach wird die Chance, Hirngewebe zu retten, sehr gering und gleichzeitig das Risiko einer Blutung zu groß.

Im Rahmen der sogenannten REVISION-Studie soll sich herauskristallisieren, ob die Thrombolyse Netzhautgewerbe retten kann. „Bislang gibt es keine wirksame Therapie gegen den Zentralarterienverschluss“, sagt Dr. Mackert. „Lediglich die Ursachen dieses Gefäßverschlusses lässt sich herausfinden und behandeln, beispielsweise Herzrhythmusstörungen oder Kalkablagerungen in den Gefäßen.“

Ein wesentliches Ziel der Augenärzte ist es, ihre Augeninfarkt-Patienten vor zusätzlichen Horrorerkrankungen zu bewahren. „In der ersten Woche nach einem Augeninfarkt ist das Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt um das 45-Fache erhöht, im ersten Monat um das 15-Fache“, weiß Dr. Mackert. Immerhin: Die Erkrankung ist selten und trifft nur wenige hundert Patienten pro Jahr.

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