von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Kleinsthunde sind seit einigen Jahren sehr in Mode gekommen. Gerade in Metropolen wie München sieht man sie über Bürgersteige trippeln und auf den Armen hipper Großstädter/-innen getragen. Dabei sind die Winzlinge alles andere als „Handtaschenhunde“. Wie die Chihuahuas von Tierärztin Elisabeth Lickteig aus Miesbach. Ihre Liebe zu der Rasse begann, als sie von einem Bauern eine zitternde Hündin gebracht bekam, die er nach einer eiskalten Nacht in einer Schneewehe gefunden hatte. Das Tierchen war stark unterkühlt, die Besitzerin wurde gefunden. Und um Lickteig war es geschehen. „Die hat mich um die Pfote gewickelt. Ich hatte vorher dieselben Vorurteile wie alle. Aber diese eiskalte Nacht im Freien zu überleben, das zeugt von ungeheurem Willen“. Die Tierärztin legte sich eine langhaarige Hündin zu, die ihre erste Zuchthündin wurde. Inzwischen ist die bezaubernde Jeannie 14 und Stammmutter robuster, leistungsfähiger Kleinhunde, die ihre Halter überallhin begleiten und auch bei Bergtouren nicht schlapp machen.

Tessy Lödermann, Vizepräsidentin des Tierschutzbundes Bayern, geht inzwischen seit drei Jahren mit einem Zwergerl durchs Leben. Merle ist eine Pomeranianspitz-Hündin aus einem illegalen Transport aus Tschechien. „Als ich vor zehn Jahren das erste Mal winzige Pomeranian-Welpen aus der Tierklinik abholte, war es um mich geschehen. Merle macht alles mit: ob große oder kleine Gassirunden in der Natur, im Sommer schwimmen und ausgiebige Mußestunden. Klar ist, dass viele Menschen eher auf sie zugehen, weil sie klein ist. Doch auch Merle will nicht von fremden Menschen angefasst werden. Sie ist selbstbewusst und hat klare Vorstellungen.“

Davon kann auch Anneliese Mösle (66) aus Altusried (Lk. Oberallgäu) ein Lied singen. Als sie in Rente ging, überredete sie ihr Sohn zu einem Hund. Also zog bald die Havaneser-Hündin Aika ein. „Das erste Jahr war schon sehr anstrengend, so ein Welpe ist eine Herausforderung.“ Deshalb war eine Hundeschule für Mösle selbstverständlich. Sie ist selbstkritisch. „Bei mir mangelt es an der Konsequenz.“ Woran es nicht mangelt, ist Wetterfestigkeit. „Wir gehen jeden Tag zweieinhalb Stunden spazieren, vormittags und nachmittags. Und das bei jedem Wetter!“

Mösle vertraute auf Sandra Mendler, Inhaberin der Hundeschule Allgäu. Mendler erzählt: „Bei uns waren kürzlich zwei Chihuahuas, deren Besitzer sich durch zu vorsichtiges und isoliertes Ausführen zwei Kläffer herangezogen hatten. Mit Sozialkontakten, konsequentem Leinenlauftraining und Verbesserung des Grundgehorsams konnte das Bellen, das aus Unsicherheit entsteht, beseitigt werden.“ Lickteig ergänzt: „Dass Kleinhunde im Rudel bellen, gehört zu ihrem Wesen. Das Problem ist das Versagen des Rudelchefs. Der hängt hinten an der Leine und überlässt dem Hund die Chefposition. Der Mensch müsste aber den Erstkontakt mit dem größeren Hund machen, sonst wird dem kleinen Hund die Chefposition aufgedrängt und der fängt dann logischerweise an, hysterisch zu kläffen.“ Mendler ergänzt: „Das Problem ist auch, dass Kleinhund und Halter nicht ernst genommen werden. Vielfach werden die Winzlinge von Passanten und anderen Hundehaltern als Fußhupe belächelt. Doch die aufgrund ihrer Größe permanent unterlegenen Hunde verzweifeln, während ihre Halter sich ständig genötigt fühlen, sich zu entschuldigen. Diese Grundstimmung erschwert das Resozialisieren von Kläffern ungemein.“

Mendler wünscht sich, dass andere die schwächere und hilflose Situation der Zwerge auch mal empathisch und respektvoll betrachten. Vor allem, weil der Trend zum Kleinhund ungebrochen ist.

„Man kann ihn ohne weiteres überall mitnehmen, er ist leicht zu tragen, braucht weniger Futter. Die Haftpflichtversicherung ist geringer als bei einem großen Hund. Auch leben die meisten Hundehalter in Wohnungen, ein kleiner Hund braucht weniger Platz und hat eine viel höhere Akzeptanz bei Vermietern“, sagt Tessy Lödermann. „Generell hat man weniger Angst als vor großen Hunden. Daneben bedienen die niedlichen Hunde Urinstinkte wie das Beschützenwollen. Zudem werden kleine Hunde in der Regel älter als große Rassen.“ Es gibt also viele Gründe, die für einen kleinen Hund sprechen, nur nicht den, er müsse nicht erzogen werden. Lickteig sagt: „Das sind vollwertige Hunde. Und wenn sie nie ausgelastet werden, suchen sie sich irgendwann eine Ersatzbefriedigung. Das kann dann neben Zerstörungswut auch in Bissigkeit enden. Selbst wenn man es womöglich witzig findet, wenn ein Kleiner schnappt. ist es fatal. Denn jeder Hund, ob groß oder klein, muss unbedingt erzogen werden.“ >> Interessante Links www.hundeschule-allgaeu.de www.chihuahuas-vom- miesbacher-oberland.de

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