Dass Smartphones und deren stundenlange Nutzung Kindern schaden, ist unter Experten so gut wie unumstritten. Das haben auch die Bürger der irischen Stadt Greystones festgestellt. Dort haben sich zuletzt psychische Probleme und Angststörungen von Kindern und Jugendlichen beunruhigend gehäuft. Deshalb haben sich in dem 18 000-Einwohner-Ort Eltern, Lehrerinnen und Lehrer zu einer Initiative zusammengeschlossen, die Schule machen könnte – auch international.
Wie schädlich ist das Smartphone für Kinder?
Thomas Fischbach, Präsident des Kinder- und Jugendärzte-Verbandes, bringt seine Empfehlung so auf den Punkt: „Kein Handy unter elf Jahren! Je länger man die Smartphone-Nutzung der Kinder rausschiebt, umso besser ist es für sie.“ Suchtexpertin Birgit Grämke aus Schwerin kennt die Auswirkungen: „Kinder, die in jungen Jahren viel mit dem Smartphone beschäftigt sind, neigen zu Konzentrationsschwächen, Hyperaktivität und Übergewicht.“
Wie schützen die Iren die Kinder?
Der Ort Greystones hat jetzt Smartphones für unter 11-Jährige kurzerhand verboten. Darauf haben sich die Elternverbände aller acht dortigen Grundschulen geeinigt. Die Kinder dürfen weder auf dem Schulweg noch in Pausen oder im Unterricht Smartphones mitbringen und verwenden. Eine Nutzung ist allenfalls zu Hause unter Kontrolle der Eltern erlaubt. Die Maßnahme ist zwar freiwillig, aber mindestens 90 Prozent aller Familien machen mit. Die Zustimmung in Irland zu der Maßnahme ist groß. So twittert Radiomoderator Gary Kearney aus Dublin: „Ich bin kein Vater. Aber ich sehe Kinder in Bussen und Zügen, die regelrecht an ihren Handys kleben. Und auch Eltern tun das. Daumen hoch für die Leute in Greystones!“
Woher kommt die Idee?
Hinter dem Beschluss steht die Initiative „It takes a Village“ („Es braucht ein ganzes Dorf“), die sich auf die Fahne geschrieben hat, gemeinsam gegen das Suchtproblem vorzugehen. Die Verantwortlichen beteuern, dass sie keinesfalls technikfeindlich sind. Die Kinder dürfen deshalb auch ein klassisches Handy zur Schule mitbringen, um bei Bedarf ihre Eltern anrufen zu können. Schuldirektorin Rachel Harper erklärt: „Es geht uns vor allem um Snapchat, Insta-gram, WhatsApp, TikTok oder Discord.“
Wie reagieren Eltern und Lehrer?
Sie sind begeistert. Mutter Laura Bourne begrüßt die Maßnahme: „Wenn alle dabei sind, bist du als Kind nicht der Außenseiter, der als einziger kein Smartphone hat. Das macht es viel leichter, nein zu sagen. Je länger wir ihre Unschuld bewahren können, desto besser.“ Direktorin Harper hatte zuletzt beobachtet: „Das Ausmaß an Angst, das wir in den Schulen erleben, ist beispiellos. Und die Kinder, die ein Smartphone wollen, werden immer jünger.“ Nikkie Barrie, eine weitere Mutter, klagt: „Ich habe meine Tochter fast schon an TikTok verloren. Sie sitzen alle bloß noch wie die Roboter da.“
Was sagen die Kinder?
Die meisten sehen den Smartphone-Bann erstaunlich positiv. Die 10-jährige Jane Capatina versteht die Maßnahme: „Ich hätte schon gerne ein Smartphone. Aber ich will auch nicht süchtig werden.“ Ihre Schwester Rachel (8) meint: „Wenn keiner eines haben darf, ist es fair.“
Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Der irische Gesundheitsminister Stephen Donnelly fordert, dass die Regelung aus Greystones bald landesweit gilt: „Irland kann und muss weltweit führend sein, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt keinen Schaden erleiden.“ Auch international ist das Interesse groß. Technik-Verweigerer sollen die Kinder in Greystones aber keinesfalls werden. Deshalb kommen nun Experten in die Abschlussklassen der Schulen, um die Kinder auf den sinnvollen Umgang mit dem Smartphone vorzubereiten.