Die Hitze-Gefahren bei Medikamenten

von Redaktion

VON SUSANNE SASSE

München – Besonders Menschen, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen müssen, sollten die Wirkung von Hitze nicht unterschätzen, rät die Münchner Apothekerin Christiane Scholten. Wichtig ist es, dass die Patienten sich informieren, wie es sich mit ihren konkreten Medikamenten verhält. Absetzen oder selbsttätig die Dosis verringern sollten sie auf keinen Fall. Dies sind ihre Tipps:

Überhitzungsgefahr des Körpers erhöht

Wird der menschliche Körper im Sommer zu stark aufgeheizt, gibt er durch Schwitzen Wärme über die Haut ab. Manche Medikamente bremsen diese Wärmeregulation des Körpers jedoch aus! Das geschieht, indem sie das Schwitzen hemmen oder die Wärmeproduktion erhöhen. Hier warnt auch die Herzstiftung. Der Hamburger Pharmakologe Professor Thomas Eschenhagen erklärt: „Ein Risiko für eine Hyperthermie – so nennt man die Überwärmung des Körpers – stellen Schilddrüsen-Hormonpräparate, trizyklische Antidepressiva, Antihistaminika, Anticholinergika, Atropin und Hyoscyamin dar.“ Wer Präparate dieser Wirkstoffgruppen einnimmt und Fieber bekommt, sollte sofort zum Arzt gehen, rät der Experte.

Vergesslichkeit bei Hitze noch gefährlicher

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse hat in den fünf Jahren vor der Befragung jeder Vierte im Alter von 18 bis 70 Jahren schon einmal die Einnahme von Medikamenten vergessen. „Das kann in Kombination mit Hitze gefährlich werden. Deshalb unbedingt an die regelmäßige Einnahme denken“, appelliert Apothekerin Christiane Scholten. „Dabei helfen können eine Erinnerungsfunktion über das Smartphone, sogenannte Reminder-Apps oder eine ausgedruckte Arznei-Checkliste, die abgehakt werden kann.“

Blutdrucksenker: Dosis reduzieren

An heißen Tagen kann sich die Wirkung von Medikamenten auf den Körper verändern. Besondere Vorsicht ist bei Medikamenten gegen Bluthochdruck (ACE-Hemmer, Sartane oder Calciumantagonisten) oder Entwässerungstabletten, sogenannten Diuretika, geboten: „Da Hitze die blutdrucksenkende und entwässernde Wirkung der Tabletten verstärkt, muss ihre Dosierung im Sommer oft angepasst werden“, empfiehlt die Apothekerin Christiane Scholten. Sie führt aus, dass es ansonsten bei Betroffenen schnell zu Schwindel und akuten Kreislaufproblemen kommen kann. Aber Achtung: Patientinnen und Patienten dürfen die Dosierung ihrer Medikation keinesfalls selbst einfach ändern. Um sicherzugehen, sollten sie frühzeitig mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin darüber sprechen, betont die Apothekerin.

Besonders wichtig: Ausreichend trinken

Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte seinen Körper an heißen Sommertagen genau beobachten und sich möglichst wenig anstrengen. Denn Wärme verstärkt die blutdrucksenkende und entwässernde Wirkung. Das kann zu Schwindel, Kreislaufproblemen und sogar zu Verwirrtheit und Ohnmachtsanfällen führen. Flüssigkeitsmangel im Körper, eine sogenannte Dehydrierung, kann außerdem ein akutes Nierenversagen zur Folge haben. Christiane Scholten: „Denken Sie deshalb bitte daran, ausreichend zu trinken, also zwei bis drei Liter am Tag.“ Wichtig zu wissen: Viele Blutdrucksenker, vor allem ACE-Hemmer, mindern auch das Durstgefühl.

Vorsicht vor einem Hitzeschaden

Auch an den Medikamenten selbst gehen heiße Tage nicht spurlos vorbei. Da Arzneimittel unterschiedlich auf Hitze reagieren, ist es wichtig zu wissen, wie sie gelagert und eingenommen werden müssen. Im schlimmsten Fall droht sogar der Verlust der Wirkung, „Hohe Temperaturen können Einfluss auf die Wirkung von Medikamenten haben. Da man Tabletten und Co. Hitzeschäden oft nicht direkt ansieht, ist es wichtig, sie von vorneherein richtig aufzubewahren, um eine sichere Einnahme zu garantieren“, sagt die Apothekerin. Generell gilt: Medikamente sollten kühl und trocken gelagert werden. Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad sind ideal.

Nicht jede Arznei darf ins Kühlfach

Wird es in der Wohnung über einen längeren Zeitraum wärmer als 25 Grad, kann es sinnvoll sein, Medikamente für einige Zeit in den Kühlschrank zu legen. „Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Viele Arzneimittel sind nicht nur wärme-, sondern auch kälteempfindlich. Deshalb unbedingt den Beipackzettel lesen oder sich in der Apotheke beraten lassen“, erklärt die Apothekerin Christiane Scholten. Besonders hitzeempfindlich sind flüssige oder weiche Medikamente wie Zäpfchen, Salben und Säfte, ebenso wie Wirkstoffpflaster und Sprays. „Wenn Sie beispielsweise bei einer Salbe feststellen, dass sich die flüssigen und festen Bestandteile voneinander gelöst haben, entsorgen Sie sie sofort“, rät die Expertin. Tabletten und Dragees sind zwar widerstandsfähiger, dennoch kann bei ihnen die Wirkstoffkonzentration abnehmen, wenn sie länger der Hitze ausgesetzt sind.

Diese Medikamente müssen gekühlt sein

Insulin muss in den Kühlschrank, sogar das gesamte Jahr über, so die Apothekerin. Zudem müssen weitere Arzneistoffe ständig gekühlt werden, unter anderem sind dies: Impfstoffe und einige Arzneimittel gegen Asthma und sogenannte Hyposensibilisierungslösungen bei Allergien, viele Zytostatika gegen Krebserkrankungen und Biologika gegen Rheuma. „Lesen Sie die Verpackung, dort steht, ob ein Medikament kühlpflichtig ist“, rät die Expertin. Kühlpflichtige Medikamente sollten bei rund zwei bis acht Grand gelagert werden. „Sie dürfen sie aber bitte keinesfalls ins Gefrierfach gegeben werden“, warnt Christiane Scholten. Das kann die Wirkung verändern oder verschwinden lassen.

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