von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Die Pferdebegeisterung der Bayern und Münchner zeigt sich nicht nur in der Liebe zum Reitsport. Seit jeher tummeln sich auch tierische Skulpturen aus Stein und Bronze in den Städten im Freistaat. Eine Würdigung nicht nur der Mächtigen, die oft auf den Rücken der Pferde thronen, sondern auch der Tiere selbst, die den Menschen seit Jahrtausenden begleiten. Und für die es eben auch am 20. August einen „Welttag der Pferde“ gibt.

Bereits rund 350 v. Chr. schrieb der Feldherr Xenophon ein Werk „Über die Reitkunst“. Ein Meilenstein, war das Pferd bis daher eher als hart arbeitendes Trag- und Zugtier im Einsatz. Erst später wurde es Reittier und musste in Kriege ziehen. Auch Pferderennen gab es schon früh: In München fanden im 15. Jahrhundert Scharlachrennen statt, bei denen der Sieger ein kostbares Stück des Stoffes Scharlach erhielt. Und das Oktoberfest etablierte sich nach einem Pferderennen, das anlässlich der Hochzeit von Prinz Ludwig von Bayern, dem späteren König Ludwig I., und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober 1810 veranstaltet worden ist. Galopp- und Trabrennen sowie hochkarätige Reitevents machen München bis heute zu einer Pferdestadt. Stilfahrten mit der Kutsche oder die alljährliche Kutschengala im Schloss Schleißheim – heuer am 3. September – begeistern tausende von Zuschauern.

Einer, der immer schon pferdenarrisch war, ist Dieter Rügemer. Der langjährige Vorsitzende für den Allgemeinen Pferdesport beim Bayerischen Reit- und Fahrverband hat sich jetzt auch mit einer besonderen Seite des Kulturguts Pferd beschäftigt: Mit all den Monumenten aus Stein und Bronze, die es in Bayern gibt. Und die haben eine ungeahnt lange Tradition. 1931 wurde eine Pferdefigur, aus Mammutelfenbein geschnitzt, gefunden, die rund 30 000 Jahre alt ist. „Auch wenn sie in Gingen an der Brenz gefunden wurde, also in bayerischer Grenznähe, darf sie als Vorläufer der bayerischen Pferdebildhauerkultur gelten“, erzählt Rügemer. Und dann ist da natürlich der Bamberger Reiter im Bamberger Dom, Bayerns älteste erhaltene, lebensgroße Reiterplastik aus Stein, die aus der ersten Hälfte des 13. Jh. stammt. Allein in München stieß Rügemer auf 37 Pferde-Skulpturen. In ganz Bayern hat er bisher 33 Werke erfasst und beschrieben – und es werden täglich mehr.

Und die Bandbreite der Darstellungen ist groß: vom überlebensgroßen majestätischen Auf(t)ritt bis zum rührenden Abbild eines Fohlens. Ein solches Jungpferd steht in München-Perlach (Holzwiesenstraße 44), geschaffen von der Bildhauerin Friderun von Stralendorff-Eilers, geboren 1916 in Mecklenburg. Sie lebte mit ihrem Mann lange am Tegernsee, hier entstand der Großteil ihrer Werke.

Am Haupteingang des Klinikums Großhadern steht der „Bronzehengst“ von Hans Kastler. Der Oberösterreicher, 1931 geboren, lebte als freischaffender Bildhauer in Happerg (Lkr. Tölz). 2009 richtete er dort einen 19 Werke umfassenden Skulpturenpark an seinem ehemaligen Wohnhaus ein. Die „Springenden Pferde“ von Franz Mikorey sind dagegen wirklich „gesprungen“: Ihre erste Aufstellung erfolgte 1934 auf dem Tassiloplatz in der Au, 1974 zogen sie um in die Herzog-Wilhelm-Str. 24. Mikorey lebte als Kind in Partenkirchen, besuchte die dortige Schnitzschule und studierte von 1925 bis 1930 an der Akademie der Bildenden Künste. Die Springenden Pferde sehen aus wie die aus einem Schachspiel, auch seine Bronze „Rosselenker“ steht in München, in der Goethestraße. Ungewöhnlich und eigenwillig sind die Skulpturen von Alexander Fischer, 1903 in Nürnberg geboren. Seine Skulpturen – meist in Bronze oder Zement – haben eine unruhige, grobe Oberfläche, seine Pferde verwinden sich oft in beängstigender Form. In München stehen u. a. seit 1965 ein „Wildes Pferd“ in der Brienner Straße und ein „Wieherndes Pferd“ in Grünwald, wo er lebte.

Vor allem das Reiterstandbild diente immer dazu, einen Herrscher im wahrsten Sinn des Wortes aufs hohe Ross zu setzen. Auch das bayerische Herrscherhaus liebte diese Inszenierung. Der 1872 in München geborene Bildhauer Georg Wrba setzte Otto I. auf die Wittelsbacher-Brücke. Auch Freiherr Ferdinand von Miller (1842-1929), langjähriger Direktor der königlichen Kunstakademie, hob Otto I. aufs Pferd und lässt ihn in den Hofgarten blicken (enthüllt 1911). Hans Wimmer (1907-1992) zeichnete nicht nur fürs „Trojanische Pferd“ (1982) im kunstsinnigen Umfeld des Skulpturenparks Pinakothek verantwortlich, sondern auch für das Standbild „Ludwig der Bayer“, das seit 1967 den Alten Hof ziert. Das Pferd scheint unzufrieden zu sein: Es legt die Ohren an! Generell sehen die Pferde nie glücklich aus, meist zerrt der Reiter im Maul.

Der Würzburger Fritz König (1924-2017) war einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jh. und züchtete Vollblüter auf seinem Gut bei Landshut. Als am 11. September 2001 die Zwillingstürme in New York einstürzten, überstand seine Brunnenanlage „The Sphere“ wie durch ein Wunder fast unbeschadet. Im Skulpturenpark Pinakothek steht von ihm die „Große Biga“, ein Streitwagen.

Maximilian Ritter von Widnmann (1812-1895), ein Günstling von Ludwig I., konnte aus dem Vollen schöpfen: Seine Reiterfiguren „Castor und Pollux“, Söhne des Göttervaters Zeus, dominieren den Haupteingang der Akademie der Bildenden Künste. Ebenso heroisch: sein in Erz gegossenes Reiterdenkmal des Königs, nach einem Entwurf von Ludwig Michael von Schwanthaler prominent am Odeonsplatz platziert.

Eine Frau dagegen huldigt Malerfürst Franz von Stuck (1863-1928), wenn auch eine kriegerische. Seine „Reitende Amazone“ beherrscht seit 1912/13 das Eingangsportal der Villa Stuck.

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