So bleiben Pferde-Senioren fit

von Redaktion

Sie haben jahrelang hart gearbeitet: Bei der Polizei, in Reitschulen, als Rückepferd im Wald. Sie zogen Kutschen, traten im Zirkus auf oder gewannen Preise bei Wettkämpfen: Die Schicksale der rund 770 Pferde auf den Höfen von Gut Aiderbichl sind sehr individuell. Doch in einem sind sich alle ähnlich – im Seniorenalter ändern sich die Bedürfnisse: Sie brauchen mehr Ruhe, spezielles Futter und häufig eine intensive tierärztliche Versorgung. 150 Pferde sind schon im betagten Alter von mindestens 25 Jahren. Bereits vor acht Jahren wurde auf dem Hauptgut im österreichischen Henndorf der erste seniorengerechte Stall gebaut: Mit besonderer Einstreu für Allergiker und einem Schienensystem an der Decke, damit festliegende Pferde per Seilzug hochgehievt werden können.

Viele Ergebnisse von wissenschaftlichen Projekten, was Wohlbefinden bei Pferden bedeutet, wie sie am besten gefüttert und wie chronische und akute Erkrankungen behandelt werden können, „kommen unseren Tieren zugute“, berichtet Dieter Ehrengruber, Aiderbichl-Geschäftsführer. So wie der 25 Jahre alten Araberstute Monoceros, die – laut ihres Sensorshalfters – in zehn Tagen nur einmal kurz im Liegen geschlafen hatte. Forschende der Vetmeduni Wien hatten den Tagesablauf der Pferde-rentner mit solchen Halftern analysiert: Gesunde und nicht gestresste Pferde sind vier Stunden des Tages aktiv, sie rasten fast elf Stunden und verbringen neun Stunden mit Fressen. „Diese Parameter gelten nun als Maßstab, ob es unseren Pferden gut geht“, so Ehrengruber. Solche Vergleichswerte sind wichtig, um Probleme zu erkennen, wie bei Monoceros. Im Stehen dösen Pferde, wirklich erholen können sie sich nur im Tiefschlaf im Liegen. Monoceros zog während der Nacht in eine Einzelbox nahe ihrer Herde um und verbrachte nun fast drei Stunden im Liegen. Ehrengruber: „Das zeigt deutlich, dass alte oder kranke Pferde andere Ansprüche haben als junge Tiere.“ Das Alter von Pferden erkennt der Experte an der Abnutzung der Zähne. Stark abgenutzte Gebisse können Raufutter schwer kauen. Die Lipizzaner-Stute Rubina ist 32 und brachte 13 Fohlen zur Welt. Im Alter ist sie noch mal aufgeblüht – auch dank eines ausgeklügelten Futtermanagements. Alte Pferde brauchen energiearmes Heu, es muss ausreichend trocknen und ständig zur Verfügung stehen. Auf den Heuwiesen von Gut Aiderbichl wird untersucht, wie optimales Heu erzeugt werden kann.

In der Reha-Station der Stiftung werden kranke Pferde nach neuesten Erkenntnissen therapiert. So steht die Stute Vicky geduldig mit allen vier Hufen in vier roten Eimern. Die Noriker-Stute litt an einem chronischen Lymphödem und wurde erfolgreich mit einer desinfizierenden und entzündungshemmenden Lösung behandelt. Auch bei dem Parasiten-Management geht Gut Aiderbichl neue Wege: Bisher gilt die Regel, dass alle Tiere eines Stalles drei bis vier Mal im Jahr entwurmt werden, unabhängig vom Befall der Tiere. In dem Parasitologie-Labor wird nun der Kot jedes Tieres vier Mal im Jahr untersucht und die Pferde entsprechend der Art und Menge der ausgeschiedenen Wurmeier behandelt. Nur etwa 13 Prozent der untersuchten Proben haben überhaupt eine Entwurmungsempfehlung zur Folge – eine enorme Einsparung gegenüber der früheren Strategie, die zudem der Resistenzbildung der Parasiten entgegenwirkt und langfristig die nützlichen Mikroorganismen im Boden schont. sus

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