von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

Der Mensch kann der Witterung per Kleidung trotzen: Wird’s kühl, zieht er einfach einen Pullover über, nur enorme Hitze belastet seinen Kreislauf. Vögel und Säugetiere hingegen müssen Federn und Pelz an die Temperatur anpassen – eine gewaltige Stoffwechselleistung. Hauptauslöser des Fellwechsels ist die jahreszeitlich bedingte Veränderung der Tageslichtlänge: Wenn im Frühling die Tage länger werden, produziert die Zirbeldrüse (Epiphyse) im Gehirn weniger Melatonin. Das Hormon steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus, ist aber auch für den Fellwechsel zuständig. Tiere entwickeln dann ihr Sommerfell. Werden die Tage im Herbst wieder kürzer, wird die Melatoninproduktion angekurbelt, was ein Signal ist, das Winterfell mit der dichten Unterwolle zu schieben.

Fast alle Säugetiere passen die Struktur ihres Fells den jahreszeitlichen Bedingungen an. In der Wildnis schützen sich so viele Tiere nicht nur vor der Kälte, sondern tarnen sich so vor Fressfeinden und Beutegreifern, indem sie wie der Schneehase ein weißes Fell entwickeln, das sie im Schnee quasi unsichtbar macht. Die meisten Hunde und Katzen wechseln im September und Oktober ihr Fell. Beim Hund dauert der Fellwechsel in der Regel etwa sechs bis acht Wochen, bei Katzen sechs bis sieben Wochen, Freigängerkatzen reagieren stärker auf Tageslichtlänge und Temperatur.

In Zeiten des Fellwechsels ist es gut, die Tiere zu bürsten. Die Fellpflege entfernt nicht nur Haare, sondern fördert zudem die Durchblutung der Haut und unterstützt somit den Stoffwechsel. Tiersenioren brauchen aufgrund des verlangsamten Stoffwechsels mehr Zeit zum Fellwechsel, da kann der Tierarzt beraten, ob Zusatzernährung sinnvoll ist und wie das Tier bedarfsgerecht ernährt werden kann. Wahllos Vitamine und Spurenelemente zuzufüttern, kann allerdings mehr schaden als nutzen!

„Die Mauser wird hormonell gesteuert, doch gibt es auch einen Einfluss von Tageslänge und Nahrungsverfügbarkeit“, weiß Sophia Engel vom Landesbund für Vogelschutz in München (LBV). „Bei Vögeln ist das hoch kompliziert. Singvögel mausern einmal oder zweimal im Jahr, oft im Spätsommer. Dann ist die Brutzeit vorbei und das Nahrungsangebot gut, denn die Mauser braucht viel Energie. Und ein schlechter Ernährungszustand schlägt sich in einem mangelhaften Federkleid nieder. Zugvögel sind noch weit mehr eingeschränkt und müssen die Mauser in das Zeitfenster nach der Brut und vor den Zug legen, denn der kraftzehrende Zug ist mit unvollständigem Gefieder nicht zu bewältigen. Manchmal gibt es wie bei der Mehlschwalbe eine Mauserunterbrechung durch den Zug: Ein Teil der Federn wird im Brutgebiet gemausert, der Rest im Wintergebiet. Sophia Engel: „Die Mauser wird im Jahreslauf generell möglichst dann eingetaktet, wenn sie nicht so sehr stört. Körpergefieder wird also gerne noch in der warmen Jahreszeit gewechselt, sonst frieren die Vögel. Großgefieder – also Schwungfedern an Flügeln und Steuerfedern am Schwanz – ist problematischer, weil die Flugfähigkeit teils stark eingeschränkt ist.“

Manche Arten bringen den Zeitraum schnell hinter sich und nehmen eine gewisse Zeit der Flugunfähigkeit in Kauf, andere Arten gehen es sukzessive an und mausern sehr langsam über einen langen Zeitraum. Laut Sophia Engel mausern Entenvögel ihr Großgefieder in einem Schwung, sind dann aber kurzzeitig flugunfähig. In dieser Zeit werden daher nahrungsreiche und vor allem sichere Gewässer aufgesucht, es gibt einen richtigen Mauserzug. Engel: „Die Ismaninger Teiche sind für Europa und für bis nach Sibirien ziehende Entenvögel ein superwichtiges Mausergebiet. Im Sommer sammeln sich dort tausende von Entenvögeln!“

Federn werden natürlich gewechselt, weil sie für die Temperaturregulierung und Wasserfestigkeit absolut gut in Schuss sein müssen und auch zum Fliegen zwingend notwendig sind. Außerdem kann sich das Erscheinungsbild ändern: Zur Brutzeit trägt das Männchen sein „Prachtgefieder“, um den Weibchen zu imponieren. Danach wird wieder zum Schlichtkleid gewechselt. Auch viele Jungvögel sehen anders aus als die Erwachsenen. Bei Möwen kann der Wechsel vom Jugendkleid zum Adultgefieder bis zu fünf Jahre dauern – von Braun über fleckig bis zum finalen Weiß. Auch Greifvögel mausen oft über Jahre und haben deswegen manchmal Lücken im Flügel. Da wurde eine Schwungfeder abgeworfen und wächst nach. „Erst wenn sie nachgewachsen ist, geht es mit der nächsten Feder weiter“, erläutert Engel. In der Regel findet das parallel an beiden Flügeln statt, die Lücken sind also symmetrisch und immer so, dass trotzdem geflogen werden kann.

Jahreszeitlich unabhängig gibt es die Schockmauser als Reaktion auf akute Stresssituationen. Dabei werden ganze Gefiederpartien gleichzeitig abgeworfen, ähnlich wie beim Eidechsenschwanz. Das kann dann sinnvoll sein, wenn der Vogel einem Beutegreifer entwischen will. Der bleibt dann mit einem Maul voll Federn zurück oder sitzt in einer Federwolke, während der Vogel entwischt…

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