Herbstreisetipps für Herzkranke

von Redaktion

VON SUSANNE SASSE

München – Herzpatienten sollten auch auf Urlaubsreisen wärmere Temperaturen nicht unterschätzen und sich vor überschießenden Kreislaufreaktionen bis hin zu Herzrhythmusstörungen schützen, warnt Professor Dr. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Der Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München erklärt: „Aus wissenschaftlicher Sicht nehmen wir die zunehmenden Hitzewellen sehr ernst und raten Menschen mit Herzerkrankungen dazu, sich auf die für ihren Körper herausfordernden Bedingungen einzustellen – insbesondere dann, wenn zu den hohen Temperaturen noch weitere Risikofaktoren wie beispielsweise Feinstaub hinzukommen.“ Feinstaub werde oftmals unterschätzt, weiß Prof. Schunkert. Dabei sei er gefährlich. Nach dem Einatmen gelange der Feinstaub durch die Lungenbläschen hindurch ins Blut und belaste auch das Herz. „Feinstaub löst Entzündungsreaktionen aus und gilt so als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, warnt Prof. Schunkert. Oftmals realisierten die Patienten allerdings gar nicht, dass sie sich einer erhöhten Feinstaubbelastung aussetzen. Prof. Schunkert: Viele bringen Feinstaub nur mit dem Straßenverkehr in Verbindung. Er könne aber beispielsweise auch durch große Waldbrände oder durch intensive landwirtschaftliche Nutzung entstehen, so der Herzstiftungs-Experte. „Insofern kann man auch an der vermeintlich frischen Luft und in der Natur stärker belastet sein, als man glaubt“, berichtet Prof. Schunkert.

Ausweis für Defi oder Herzschrittmacher

Die schönste Botschaft: Die meisten Herzpatienten können voller Vorfreude die Koffer packen und sicher verreisen. Wer jedoch einen Herzschrittmacher oder Defibrillator in seiner Brust trägt, der sollte den Ausweis für das Gerät nicht vergessen und diesen beispielsweise bei Sicherheitskontrollen am Flughafen vorzeigen. Durch die Kontrollschranken, die aussehen wie Türrahmen, kann man zwar guten Gewissens gehen, sagt Prof. Schunkert. Doch eine Untersuchung mit einem händischen Metalldetektor sei eher ungünstig.

Bei Flugreisen folgende Tipps beachten

Langes Sitzen bei Langstreckenflügen bringe die Gefahr einer Thrombose mit sich, die zur Lungenembolie führen kann, warnt Prof. Schunkert. Ein besonderes Risiko einer solchen Gerinnselbildung bestehe bei Venenleiden, Venenthrombosen, nach Operationen zum Beispiel am Knie und im Bauchraum, bei Gerinnungsstörungen und bei Rauchern. Ob Thrombosestrümpfe und Heparinspritzen ratsam sind, sollte mit dem Arzt besprochen werden.

Patienten mit koronarer Herzkrankheit, Herzschwäche, Herzklappenersatz, Herzschrittmacher und Defi können fliegen, wenn sie gut belastbar sind, die Krankheitssituation stabil ist und sich Herz-Symptome nicht akut verschlechtern oder verändern, sagt Prof. Schunkert. Krankenunterlagen sollten während des Fluges griffbereit sein. Zudem ausreichend Medikamente und ein Medikationsplan zum Bedarfsnachweis.

Prof. Schunkert rät auf jeden Fall zu Bordgymnastik: Ferse und Zehen abwechselnd heben, Fußkreisel, Unterschenkel beugen und strecken, Knie anheben, Rückendrücken. Wichtig sei es auch, viel zu trinken, vor allem Wasser. Um alle zwei Stunden im Gang spazieren gehen zu können, sollte man gleich einen Gangplatz reservieren.

Achtung bei Hitze von mehr als 30 Grad

Beim Reiseziel sollten Herzpatienten extreme Höhenlagen von über 2500 Metern und auch extreme Temperaturen meiden. „Ein warmes Klima wird zwar von vielen Menschen als angenehm empfunden, und wir wissen auch aus südlichen Ländern, dass deren Bewohner statistisch gesehen seltener von Herzerkrankungen betroffen sind als ihre nördlicheren Nachbarn. Aber bei größeren Hitzewellen mit Temperaturen von über 30 Grad dreht sich der Spieß um: Dann sollten Herzpatienten auf der Hut sein“, betont Prof. Schunkert und erklärt die physiologischen Zusammenhänge: „Einerseits geht viel Flüssigkeit über die Haut verloren, was gerade Patienten mit einer ohnehin bereits eingeschränkten Trinkmenge belastet. Ihnen droht ein akuter Flüssigkeitsmangel. Andererseits wird der Kreislauf durch die vermehrte Durchblutung der Haut mehr gefordert. Beide Faktoren können leicht zu überschießenden Kreislaufreaktionen führen.“

Vorsichtshalber öfter den Blutdruck messen

Bei wärmeren Temperaturen sollten Herzpatienten ihre Medikamente stets im Blick behalten. Dies gelte insbesondere für blutdrucksende Arzneimittel, so Prof. Schunkert. Der medizinische Hintergrund: Gerade Patienten mit einer Herzmuskelschwäche nehmen in der Regel Medikamente ein, die ihr Herz entlasten sollen. Dies geschieht zum Teil durch eine Blutdrucksenkung, etwa durch entwässernde Medikamente wie Diuretika. „Wenn zur Wirkung der Medikamente auch noch große Hitze und ein damit verbundener Flüssigkeitsverlust eintreten, dann kann es sein, dass der Blutdruck zu stark abfällt. Die Kombination dieser Faktoren kann zu einer überschießenden Reaktion des Kreislaufsystems führen“, weiß der Kardiologe. Sein Tipp: gerade bei Hitze öfter mal den Blutdruck messen bzw. kontrollieren. Falls der Blutdruck unter einen Wert von 100 mmHg (systolisch) fällt, ist die Rücksprache mit einem Arzt ratsam. Umgekehrt kann der Blutdruck auch stark ansteigen, weil der Körper durch die Hitze unter großen Stress gerät.

Diese Beschwerden sprechen gegen Reisen

In manchen Fällen sollten Herzpatienten auf eine Urlaubsreise verzichten. Besonders dann, wenn sie unter folgenden Erkrankungen bzw. Symptomen leiden, warnt Prof. Schunkert: Vorsicht bei Angina pectoris, der sogenannten Brustenge bei geringen Belastungen, wie etwa Treppensteigen. Auch Personen, die Luftnot bei geringer Belastung wie Gehen zu ebener Erde spüren, sollten von anstrengenden Fernreisen lieber Abstand nehmen. Gleiches gilt auch bei zunehmenden Ödemen, wie man Wassereinlagerungen bezeichnet. Vorsichtig sollten auch Menschen sein, die unter wiederholtem Schwindel oderplötzlichen Bewusstlosigkeiten, sogenannten Synkopen, leiden.

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